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Stein Stein
ter. Redacteur und Herausgeber F. W. Gu«
bitz. Jahrg. 1828. S. sät.
Noch ist eines Schauspielers Namens Stein
— wenigstens führte er als solcher diesen
Namen — zu gedenken, dessen Lebensläufe
in „aufsteigender" Richtung, ganz eigenthüm«
licher Art sind. Zuerst erscheint er Mitte
der Vierziger'Iahre zu Eperies in Ungarn,
wo aus Anlaß der Wahl eines Obergespans
große Festlichkeiten, unter anderen auch eine
Festoorstellung im Theater, stattfand. Man
gab das Schauspiel „Mathias Corvinus".
Stein gab die Titelrolle. Ueber seine Meister«
leistung gab e5 im Eperieser Publicum nur eine
Stimme.- „Jeder Zoll ein König". Sogeschah
es denn auch, daß er nach beendigter Dar^
ftellung zur Magnatentafel im Redoutensaalc
geladen wurde. Wie er auf der Bühne ein
König war. so gab er sich im Bantetsaale
ganz als feiner Mann der Gesellschaft. Die
Tafel hatte lange gedauert und nachdem sie
zu Ende war, machte Stein die Runde bei
den Magnaten, um jedem Einzelnen für die
ihm erwiesene Ebre seinen Dank auszuspre'
chen. Nachdeni auch dieser Rundgana beendet
war und er sich ganz mit dem Schick eines
vollendeten Weltmannes zu entfernen Miene
machle, packte iyn an der Ausgangsthüre
ein Kellner ohne Weiteres beim Kragen, in»
dessen ein zweiter in Stein's Taschen griff
und nach und nach nicht weniger denn
22 Silberlöffel hervorzog. Man brachte den
Löffeldieb ins Comitatsgefängniß; aber die
Leistung als „König Corvinus" überwog so
mächtig, daß die einzelnen Magnaten, denen
es doch unheimlich geworden, mit einem
gemeinen Diebe getafelt zu haben, den Stuhl»
lichter bewogen, Gnade für Recht ergehen zu
lassen. S te in wurde entlassen, mußte sich
aber sofort aus der Stadt entfernen. — Ein
paar Jahre später machte in Kaschau ein
Baron Trerct durch die Gesellschaftsbälle,
welche er arrangirte. großes Aufsehen. Es
war ein junger, feiner Mann, dieser Baron
Trenk, der vorgab, einer der jüngsten
Sprossen der freiherrlichen Familie zu sein,
deren Andenken durch den berühmten Pan<
durenführer fortlebt. Es sollte der letzte Ge«
sellschaftsball stattfinden, der besonders start
besucht zu werden versprach, da es Einer dem
Anderen ins Ohr raunte, daß schon auf den
früheren, in einem vom Ballsaale geschiede»
ncn, nur Eingeweihten zugänglichen Raume
ein Spielchen gemacht wurde, bei dem Baron Trent selbst Bank hielt. Der Ball war
überfüllt und das besagte Spielzimmer tonnte
bald nickt alle fassen, welche ihr Glück bei
den Karten suchen wollten. Baron Trenk
dielt Bank und gewann immense Summen.
Die Taschen der Mitspieler waren schon
genügend geplündert. Auf dem Spieltische lag
der ganze Haufen Golo, das die Spieler ver»
loren hatten; da riefTren k mit vernehmlicher
Stimme: „Wer spielt?" Ein junger Edelmann
erwiederte laut: „Vs. bau^us." Die Summe
war sehr groß. Baron Trenk nahm ein
frisches Spiel Karten, zog ab und bedeckte
mit der für ihn gewinnenden Karte das auf
dem Tische liegende Geld, als im selben
Augenblicke in der erhobenen Hand des Ver«
licrenden eine Waffe blitzte und auf Tre nfS
Hand niederfuhr, die nun platt und fest mit
einem Dolche auf den Tisch genagelt war.
Der junge Edelmann streifte aber rasch den
Aermel von Trent's Frack zurück und zog
die Karte hervor, welche dieser bei dem ent-
scheidenden Blätterabzuge hatte in den Aermel
sich verlieren lassen. Staunen und Entsetzen
erfaßte alle Umsiehenden bei diesem doppel«
ten Attentate, des betrügenden Bankhalters,
des rächenden Edelmannes. Die Wunde war
derart, daß der Arm Trent's amputirt
werden mußte. Da man ein verbotenes Spiel
gespielt und überdieß die rächende Nemesis
den Baron ohnehin ereilt hatte, kam dieser
ohne weitere Folgen davon. — Im Jahre
1849. als Ungarn gegen selnen rechtmäßigen
König in Rebellion sich erhoben, fand eines
Tages in Steinamanger eine Erecution
statt; es wurden nämlich gleichzeitig ein
Brandstifter, ein Räuber und ein Spion auf«
gehängt. Der Spion hieß Jean Perdu und
gab sich für einen französischen Capitän auS.
Er würde sich auch schon saloirt haben, als
einer der Untersuchungsrichter in dem Diener
des Capitäns einen berüchtigten Brandstifter
erkannte. Nun wurde die Untersuchung seiner
Hllbseligkeiten nochmals und diehmal genauer
vorgenommen und bis auf seine Kleidungs»
stücke ausgedehnt, welche man auftrennte,
worauf man in der That im Rockkragen
geheime Depeschen und genaue Angaben über
die Truppenstellung und Stärke des Gegners
vorfand. Nun blieb kein Zweifel mehr über
das eigentliche Wesen deß französischen Capi»
täns übrig. Eine genaue Untersuchung ergab,
daß er vordem Schauspieler, dann falscher
Spieler gewesen, auch die Geschichte, warum
dem Capitän eine Hand. die er im Kriege ver<
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stehlik-Stietka, Volume 38
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stehlik-Stietka
- Volume
- 38
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon