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Steiner, Joseph 72
ganzes Wohlwollen. B a r t h wollte
ihm zur Professur der Anatomie an der
Universität in Lemberg verhelfen. Stei»
ner lchnte diesen A-trag ab. Er
wurde Stol l 's Hausgenosse. Freund,
ja einem Sohne gleichgehalten. verlor
ihn jedocb nur zu bald lind ging, mit
2l Jahren (l?88) Doctor der Arznei-
künde geworden. zu seinem Bruder
Franz nach Wischau in Mahren. No5
während seines Aufenthaltes als Stu>
dirender in Wlen maä'te ihm ein ve»
möglicher Amerikaner den Antrag, idm
unter sehr günstigen Bedingungen nach
Amerika zu folgen; S t e i n e r aber
lehnte diesen Antrag ab. ebenso wohl
aus Anhänglichkeit an sein Vaterland,
wie an seine Familie. Als Stei»
ner seinen Bruder in Wischau besucbte.
war es ga»z und a.ar nickt seine Ab»
sicht, dort seinen bleibenden Aufenthalt
^u nehmen; ab.'r allmälig waren ihm
die Verhältnisse lieb geworden, und so
übernahm er 1792 das Physicat der
Stadt und Herrschaft Wischnu, verhei-
rathete sich (l?93) mit der Tochter eines
vermöglicdcn Bürgers der Sladt, und
setzte seine in Wien begonnene und sick
immer mehr ausbreitende ärztliche Pra«
xis fort. Beunruhigt durch die kriege-
rischen Zeiten, vertauschte er im Jahre
1799 seinen bisherigen Aufenthalt in
Wisckau mit Brunn. Hier begann sein
Wirken jene Ausdehnung zu erlangen,
in welcher sein Geist und seine Thatkraft
sich gehörig entfalten konnten. Der letzte
Monat des Jahres <80ö füllte nach
der blutigen Scklacht bei Austerlitz die
Stadt mit zahllosen Verwundeten und
Kranken. Steiner erdot sich sogleich
zur Hilfe und übernahm nach und nacb
sechs Spitäler, zugleich aber auch die
ärztliche Behandlung, verheimlichte ver.
wundele Russen, die mit großer Gefahr Steiner, Joseph
vor den Franzosen vetborgen gehalten
werden mußten. Die unausbleibliche
Folge solcher ungeheueren Anstrengung
war. daß Steiner selbst erkrankte;
kaum genesen, erhielt er (1806) den
Auftrag. die Anstalten des ganzen
Landes ärztlich zu untersuchen', eine
Maßregel, welche durch die schreckliche
Epidemie, welche damals herrschte, für
die Kranken des Civil nöthig gewor»
den war. Diese neue Anstrengung bei
geschwächtem Körper hatte eine neue
schwere Krankheit zur Folge, von der
er endlich genas — glücklicher als sein
BruderF ranz , Physicus des Straf.
Hauses in Brunn, welcher ein Opfer der
Epidemie wurde. In Würdigung seiner
Verdienste und seines opferwilligen Ver»
Haltens bei so lebensgefährlichen Dien»
sten verlieh ihm Seine Majestät der
Kaijer die Winde eines kaiserlichen Ra«
thes (1808). Im Jahre 18l0 trat er
als Physicus der allgemeinen Versor«
gungs > Anstalten in den Staatsdienst,
und erhielt im Jahre 1813 noch das
Ehrenamt eines OberdirectorS dieser An»
stalten, in welcher Eigenschaft er die
Schrift „Vollständige Znzrige alles dessen,
MU5 ;nr bestimmten Kruntniss der vereinigten
Irmenuersargungs-Anstalten in Glmntz und
Nrülin kiihren, und seilen in den «Staut! Zetzen
knnn, über die mancherlei Zlrten der Aufnahme
in die verschiedenen Institute sich selbst zu
belehren" (Brunn 18l4) veröffentlichte,
deren Zweck im Titel deutlich ausge»
svrochen. im Terte gelreu erfüllt ist. Im
Jahre 18l? wurde er. der einige Zeit
früher schon als ordentliches beisitzendes
Mitglied der k. k. mahrisch - schleichen
Gesellschaft zur Beförderung des Acker,
baues, der Natur, und Landeskunde an«
gehörte. Versuche zur Vorbeugung des
Ausbruches der Löserdürre beim Rind«
vieh angestellt, und deren Ergebnisse
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stehlik-Stietka, Volume 38
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stehlik-Stietka
- Volume
- 38
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon