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Steinfeld) Franz 86 Steinfeld) Franz
Kindern fand er seinen einzigen Trost,
bis ihn durch den Tod seines Sohnes
Wi lhe lm ein neuer schwerer Schlag
traf. Die letzten drei Jahre seines Lebens
waren durch schwere Leiden getrübt. Ein
Schlaganfall hatte ihn in der freien
Bewegung seines von einem noch im
mer lebhaften Geiste beseelten Körpers
gehindert. Mit den größten Opfern und
wahrer Todesverachtung unternahm er
seine Reisen nach Wien und Oberösterreicb,
um das von ihm wenig geliebte, durch die
amtliche Stellung seines Schwiegersohnes
— Steinfe ld's Tocbter war an einen
Kanzleidirector Herrn Seemann ver«
heirathet — ihm aufgezwungene Domicil
in Pisek zu vermeiden. Endlich im Alter
von 81 Jahren erlöste ihn der Tod von
seinen Leiden. Er war von Wien in der
letzten Zeit nach Pisek zurückgekehrt und
dort in den Armen seiner einzigen Toch<
ter sanft verschieden. Was nun Stein«
feld's Stellung zur Kunst betrifft, so
nimmt er einen nicht gewöhnlichen
Siandpunct ein. Mit ihm beginnt in
Oesterreich eine neue Epoche der Land-
sckaftsmalerei. Mit der bisherigen Me-
thode, welche sich begnügte, die gering»
sten Motive in schablonenhafter Weise
abzuconterfeien. und es nicht wagte, diese
engen Schranken zu durchbrechen, weil
sie als heilige Tradition vom Meister auf
die Schule übergegangen waren, hatte
Steinfe ld bald gebrochen. Ein Tüm-
pel im Prater, ein Durchschlag im Walde
oder ein paar Bäume in der Au genüg«
ten ihm nicht; er zog hinaus, der Erste,
an die herrlichen Seen und in die fri«
schen, saftgrünen Thäler Oberösterreichs
und Salzburgs, um dort die gewaltige
Natur in ihrer vollen Herrlichkeit zu stu>
diren und sie mit allec Treue und vom
Geiste der Poesie durchweht wiederzu»
geben. Steinfe ld der Vater ist der erste Stimmungsmaler in Oesterreich.
Sein „Herbstmorgen" . sein „Tagesan«
bruch", seine „VerlasseneMühle" bewei»
sen eS, was er in dieser Richtung gelei-
stet. Ein kräftiges, einheitliches Colorit,
mit welchem er nie die Wahrheit dem
Effecte opfert, gibt seinen Bildern einen
eigenthümlichen Charakter, und enthüllt,
je langer man eines betrachtet, die große
Meisterschaft des Künstlers, mit gerin»
gen Mitteln mächtig zu wirken. Die
Berge und Seen Oberösterreichs und
Kärnthens, auch Salzburgs und Berch«
tesgadens waren seine Domäne. Dort
kannte er jeden malerischen Punct, den
er meisterhaft mit seinem Pinsel zu fes.
seln verstand. Ein einfacher Gegenstand,
ein moosbedeckter Felsstein, eine aus
Steingerölle hervorbrechende Quelle,
eine verlassene Hütte, eine einsame
Mühle genügen ihm' er baut nun Feld
und Gestein, Gesträuch und Gewölk
mit einer Naturwahrheit ohne Gleichen
herum und schafft ein Stimmungsbild,
das unsere Sinne mit seinem ganzen
Zauber gefangen nimmt. Ruysdael
hat er gründlich studirt und ohne ihn
nachzuahmen, mahnt er nicht selten
an ihn. Insbesondere in der Behand-
lung des Waffers steht er einzig da;
das ist nicht gemaltes Waffer, das ist
eine lebendige Quelle, die uns reizt,
den Feldbecher zu nehmen, daraus zu
chöpfen und daran uns zu laben.
Schließlich sei noch bemerkt, daß im
Besitze des Erzherzogs Anton sich eine
große Menge seiner Handzeichnungen
und Aquarellen befand.
Zellner'S Blat ter für Tdeater. Musik und
bildende Kunst (Wien, kl. Fol.) XIV. Jahr»
gang (!868), Nr. 93. S. 378. — Oester»
reichische i l lustr i r te Zeitung (Wien,
4".) 183!. Nl. 20. — Oestcrreichischer
Volkö< und Wirthschafte.Kalender
für das Jahr 1870 (Wien, Karl Fromme.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stehlik-Stietka, Volume 38
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stehlik-Stietka
- Volume
- 38
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon