Page - 320 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stehlik-Stietka, Volume 38
Image of the Page - 320 -
Text of the Page - 320 -
Sterling er, Martin 320 ) Hans
Lüden, von Italien aus, ins Land dringen.
Am l7, Juni t?03 erschien er vor der Grenz,
festung Kufsttln. Durch ungeschickte Maß-
regeln von Seite der Vertheidiger deS Platzes
und durck oen Umstand, daß einVuloervorrcub
in die Luft sprang und von den Bayern die
darüber in der Stadt entstandene Verwirrung
benützl worden war, bemächtigten sich die
Vanern dieses Platzes. Nun fiel auch Ratten«
berg, uno am 23. Juni stand Kurfürst Ma r
Emanuel vor Innsbruck. Auch dieses ergab
sich bald wie nock mehrere andere Plätze.
Nun aber legte der Kurfürst den Tirolern
eine so ungeheuere Brandschatzung auf, daß
diese aus ihrem ersten Schrecken sich zu er.
holen hrgannen und sich wider ihren Besie»
ger bewaffneten und erhoben. Das Volk
warf dem Kurfürsten vor, er habe das bis»
her vom Kriege verschonte Land nur deshalb
überfallen und erobert, um sich hier zu er«
dolen und Gelder zur Bezahlung seiner
Spielschulden und zur Fortsetzung seiner Lieb.
schaften zu erheben. Das entrüstete Volk
wählte sich nun den klugen und beherzten
Landmann Mar t in Sterzinger zum
Anführer, verband sich mit einigen taiser«
lichen Truppen und legte sich in den Rücken
der Bayern. Indessen bedrohte auch der
kaiserliche Feldmarschall Heisterden französi«
schen bereits bis Trient vorgedrungenen
Marschall Vendome. Nun sah sich M
Emanuel genöthigt, auf den Rückweg zu
denken, aber auf diesem war jeder Schritt
verderblich für ihn. Sterzinger hatte seine
Schützen auf allen Puncten postirt, wo die
Bayern erschienen und diese sielen unter den
sicheren Schüssen der Schützen, wählend diese,
hinter ihren Felsen gedeckc, dem Feinde un»
sichtbar blieben. Am furchtbarsten erging es
ihnen an der Pontlatzcr Brücke, dort wurden
unter Sterz inger's persönlicher Anführung
die bayerischen uno französischen Truppe»
unter General Nooion durch heradgewor«
fene Kelsstücke und wohlgezielte Büchsen»
schüsse fast gänzlich aufgerieben. Kurfürst
Mar Emanuel mußte eiligst das insur»
airte Land verlassen und nach Bayern zurück«
kehren, wo ein halbes Jahrhundert später
ein Namensvetter und wohl auch Verwandter
Lterzinger'S, der erste, die Nebel des
Aberglaubens, welche über den Bayern
lagerten, lichten sollte. Mar t i n Sterz in»
ger'S Name, später aufgefrischt durch die
Tapferkeit und Vaterlandsliebe anderer ihm
wohl auch verwandter Tiroler seines Namens, lebt nocb heute im Andenken seiner Lands«
leute. — 3. Ein anderer Mar t i n St er«
zinger, ein Bruder des Landesvertheidigers
Joseph S.. dessen Patriotismus und Hin«
gebung für die Sache seines Kaisers wir in
dcr besonderen Lebensskizze s2. 3l4) gc»
schildert, zählt auch ;u den Lanoesvertheidi«
gern vom Jahre l809, in welchem vier Brü,
der zugleich, einer als Feldcaplan, wider den
Feind ins Feld gezogen waren. Da Johann
Heorg Tschurls>venth aler. der dama«
lige Hauptmann ?er Stadtschützen Compagnie
seines Dienstes in der Commune wegen sein
Commando aufgeben mußte, übernahm Mar.
ti n S. dabselbe und marschirte am 26. Juli
l8U9 zur Vertheidigung des Grenzpaffes
nach Scharm;, Der inzwischen zu Znaim
zwischen Oesterreich und Frankreich aoae»
schlossene Waffenstillstand machte allen ferne»
:en Kämpfen vor der Hand ein Ende. Als
dann die Defension des Landes Tirol ernst,
lich betlieben wurde, veiwcnoeie Tschür,
tsch entHaler den gewandten und muthi»
gen Sterzinger zu mancherlei mitunter
gefährlichen Missionen. Unter anderen ging
Sterzinger im Auftrage deS damaligen
Stadtmagistrates nach dem feindlichen
Bayern, um dort, da es der Defension an
Geld fehlte, solches bei bekannten Häusern
aufzunehmen, einzucassiren und inS Land zu
dringen, was bei den damaligen Verhält,
nissen eben so schwierig als gefährlich war.
aber unserem Sterzinger ganz gut gelang.
Mar t in starb als Marschcommissäc im
Jahre l854. — 4. Von einem Tiroler. Na.
menS Hans Sterzinger erzählt man sich
das Folgende. Derselbe befand sich im
Jahre l836 als Teppichhändler in Paris.
Da wurde ihm ein großer Theil seiner Waare
gestohlen und in Folge dessen suchte er bei
Kaiser Napoleon I I I . um Audienz an.
Diese wurde ihm gewährt und nun überreichte
er dem Kaiser seine Bittschrift, welche lautete,
wie folgt.- .Hans Sterzinger aus Mitter,
sill thät di bitten, daß du ihm die Kozzen
zahlst, die ihm o' Franzosen erst neuli gstoh.
len ham, weil du ihr Kaiser bist und die
Schand auf dir nit sitzen lassen derfst. S'
macht grad 19 Gulden auö, was du in der
beigelegten Rechnung stehst. — Scheer di nit.
Herr Kaiser, und mach mir ka Kränkung.
Wannst du eö schon mir nit z'Iieb thun willst,
so thurs wegen mein Vater, von dem Alles,
selbst der Kaiser in Wean gred hat; anno Neune
hat er allein sechzig Stuck Franzosen z'samm-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stehlik-Stietka, Volume 38
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stehlik-Stietka
- Volume
- 38
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon