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Stifter Stifter
gabt war, bestand der Schulmeister auf
Fortsetzung der Studien. Ad albert
kam nun zu dem Caplan des Ortes, der
ihm lateinischen Vorunterricht ertheilte.
Mit dem Latein ging es aber so schlecht
vorwärts, daß der geistliche Herr den
fast verhängnißvollen Ausspruch that,
„mit dem Studiren sei eS nichts, es sei
schade um jeden Groschen, der Junge
sei ganz talentlos!" (Ob der geistliche
Herr noch den Ruhm seines talentlosen
Schülers erlebt hat?) Da brach über
die Familie ein schreckliches Ereigniß her«
ein. Es war im November 1817 und
Adalber t zählte MIahre. Der Va-
ter befand sich mit einer Ladung Flachs
in Oberösterreich. eines Morgens fuhr
er vom Wirthshause zwischen Wels und
Lambach weg, und eine halbe Stunde
später fand man ihn, nicht weit von
jenem Orte, erdrückt unter dem urnge«
stürzten Wagen. Ende November genann-
ten Jahres kam die Nachricht nach
Oberplan. Bestürzung und Jammer in
der Familie waren grob, die arme Mut«
ter mit den fünf Kindern wußte sich
nicht zu fassen. Forderungen standen
aus; da aber keine Schrift darüber vor»
Handen war, gingen sie verloren; hin»
gegen mußte Alles bezahlt werden, waS
Gläubiger an Schulden einforderten.
Nur der Großvater August in, ein hel»
ler Kopf und praktischer Mann, trat
helfend dazwischen und brachte Ordnung
in das Chaos. Im folgenden Som»
mer 1818 reiste der Großvater mutier»
licher Seits, Franz Fr iepeß, nach
Oberösterreich, um manche Geschäfte, die
nach dem Tode des Vaters noch unaus»
geglichen waren, in Ordnung zu brin»
gen. und bei dieser Gelegenheit nahm
er den Knaben Adalbert , ungeachtet
ihn der Caplan für talentlos erklärt
hatte, mit: er wollte ihn irgendwo in einer Schule unterbringen. In Viecht»
wang erhielt der Großvater von seinem
Neffen, der dort Caplan war, ein Ern«
pfehlungsschreiben an Professor ?. Ro>
muald S t rauß in KremSmünster, der
damals im Stiftsgymnasium in den
Grammaticalclaffen vortrug, und dieser
wies Großvater und Enkel an Pater
Placidus Ha l l sBd. VII , S. 237), der
im folgenden Schuljahre die erste Gram»
maticalclafse übernehmen sollte. Pater
P l a c i d u s nahm mit dem kleinen
Adalber t ein Examen vor, das über
alle Erwartung günstig ausfiel, worauf
er den Großvater bestimmte, den Kna>
ben zu Allerheiligen wieder zu bringen.
Das geschah denn auch, und nun wurde
Adalbert mit noch einigen anderen
Zöglingen in der Familie des StiftSamt-
manns Johann Mayer untergebracht.
I n Kremsmünster beendete Adalber t
die sechs Grammaticalclafsen und die
zwei philosophischen Jahrgänge. Diese
acht Jahre in dem herrlichen berühmten
Stift, in welchem die gemüthvollen und
gelehrten Benedictiner,,. unter deren Lei»
tung sich so manche bedeutenden Kräfte
entwickelt haben, Geist und Herz ihrer
Zöglinge bilden, waren für unseren
Adalbert eine Quelle unversiegbarer
lieblichster Erinnerungen. Hier unter
wackeren. würdigen. gründlich gebil«
deten Lehrern, wie Placidus Hal l . Jg.
naz Reischl u. A., gedieh S t i f t e r
geistig und körperlich, er war immer
einer der besten Schüler, machte sick
mit der Musik immer mehr vertraut
und bildete unter Georg Riez lmair
sBd. XXVI , S. 13«) sein schon da-
mals unverkennbar bedeutendes Zeich»
nentalent. das sich mit Vorliebe auf
die Landschaft warf, aus. Hier lernte
er die Koryphäen der deutschen Dich«
tung kennen, von denen ihn Schil ler
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon