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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Volume 39
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Page - 34 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Volume 39

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Stifter 34 Stifter dah es außer ihm noch Narren gibt, die ruhig dasselbe Schicksal ertragen. So lieben sie es, sich zusammenzusetzen und. wenn auch im stillen Herzen rasend, kommt doch über ihre Lippen kein lautes Wort, das hie und da einen Aufseher reizen könnte; unschuldige Novellchen, tugendhafte Verse, unblutige Scherze theilen sie sich mit; sie, die gern nach allen Seiten der Windrose zerstieben und vielleicht sich gegenseitig bekämpfen möchten, wenn ihnen der Raum dazu gege> den wäre, weilen friedlich bei einander und die Göttin Concordia lächelt ironisch zu dieser gezwungenen Eintracht. Fern von diesem Kreise träumt Ad albert St i f ter in seiner einsamen Zelle, auch er wird be» wacht, aber er sieht es nicht,- auch er trägt Ketten, aber seine Bewegungen waren nie so wild, daß er sie hätte rasseln hören kön» nen. Nie drängte es ihn, die melodische Stimme seiner Poesie in das Gewirr der Zeitkämpfe tönen zu lassen, darum ward ihm auch nie der Schmerz, daß ihm wäre Schweigen geboten worden. Die Kerker» stäbe. an welchen die Einen rütteln, die An« deren lecken, wie treue Hunde oder gefangene Schafe, kam er nie in die Lage, kennen zu lernen oder in die Versuchung, wegzuwün« schen. Seine Muse ging stets einsam, hohe Gebirgswege, auf denen man den Lärm der Erde wie ein fernes Gewitter verrollen hört. Sie lauschte den Gesprächen der Bäume, den Gesängen der Vögel oder bestieg die Nuine einer historischen Vergangenheit, in welcher sie mit weihevoller Andacht wieder ein künstlerisches Leben weckte. Vor Allem aber schloß sie sich immer fest an die Natur und ihre Offenbarungen, und Keiner hatte wie er ein so klares Auge für das irdische Grün und das himmlische Blau, diese beiden Frieoensfahnen, dazu bestimmt, uns mit der quallvollen Nähe der Erde und der tröst« losen Ferne des Himmels zu versöhnen." — Johannes Scherr über St i f ter : „-.-Ich weiß von St i f ter 's Personalien nur, daß «r irgendwo in Oesterreich geboren wurde. Mir genügt, zu wissen, daß er ein Poet ist. Der Dichtertitel ist dermalen in Deutsch« land freilich fast noch wohlfeiler geworden, als der Doctortitel. aber wenn auch billig angenommen werden darf. doß es bei unü daheim noch viele leidliche Doctoren gebe, — die Dichter sind bald gezählt. Zwar die verschiedenen Camaraderien creiren deren all« jährlich so ziemlich ein volles Dutzend, allein die Claque und Nlague hat, scheint es, noch kein Mittel entdeckt, ihre Diplome gegen die Feuerprobe der Zeit zu sichern. S t i f te r ist kein Product der Coterien, er wird die Coterien überdauern. I n seinen Schriften ist etwas vom echten Metall der Poesie, etwaS, viel sogar von lauterem Golde. Der wech» selnde Geschmack des Publicums mag dieses Gold zuweilen — wie dies ja zeitweise selbst dem gediegensten begegnet — mit einer Staubschichte der Unempfänglichteit bedecken, aber rosten wird es nie und nur eines leisen Striches von erfahrener Hand wird es be« dürfen, daß es auch Denen, die nach uns kommen werden, in seinem reinen Glänze und Schmelz entgegenleuchte. S t i f te r braucht nicht erst ausdrücklich zu versichern, daß er zunächst ganz absichtslos und nur zu seiner eigenen Freude geschrieben. Jeder Fühlende erfährt, daß Sti f ter 'S Schriften durchweg Werke der Stimmung sind. Sein Schreiben ist augenscheinlich kein von der Außenwelt angeregtes, sondern ein innerlichst quellendes. Man kann am Ende, wenn man nämlich ein Goethe ist, sagen, daß der Poet die Poesie zu commandiren im Stande sein müsse; aber selbst bei Goethe, wenig» stens in manchen seiner sväkren Producte. erscheint mitunter die Poesie sehr als eine commandirte. Man kann artesische Vrunnen bohren und es ist gut, dah man es kann. Sie liefern häufig ganz vortreffliches Trink, waffer, aber wir ziehen doch den Fclsenquell vor, der frei im Hochwald sprudelt. St i f« ter's Dichten ist solk ein Naburbrunnen, hoch droben klar aus zackigem Gesteine brechend, silbernen Schalles von Stufe zu Stufe sal» lend, dann launischer Windung durch Wald« schatten rieselnd und endlich weiter unten, im geweiteten Wiesenthale als spiegelheller Bach über bunte Kiesel hingleitend Aber genug der Bilder. Was meineS Wissens allgemein feststeht, ist. dab unserem Dichter in der LandschaftSmalrrei vermittelst des Wortes der Preis aebührt. In der That, seine Landschaften find diS ins Einzelnste vollendete Gemälde. mit der saubersten Miniaturmalerei ausgeführt und doch nicht im Detail sich verlierend, denn überall ge> winnen wir einen bedeutenden Gesammtein» druck. Woher daß? Woher die tiefpoetische Wirkung, welche, um nur zwei Nächstliegende Beispiele anzuführen, die Malerei der Wald» Herrlichkeit im „Hochwald" oder die pracht« volle Schilderung deH CiStageS in den Cr-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Stifft-Streel, Volume 39
Title
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Subtitle
Stifft-Streel
Volume
39
Author
Constant von Wurzbach
Publisher
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Location
Wien
Date
1879
Language
German
License
PD
Size
13.41 x 21.45 cm
Pages
400
Keywords
Biographien, Lebensskizzen
Categories
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