Page - 203 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Volume 39
Image of the Page - 203 -
Text of the Page - 203 -
Strachmih) Moriz 203 ) Moriz
nahe dem väterlichen Gute Petrowitz, am
43. März 4822, gest. zu W i e n am
1l. März l847). Ein Sohn des Grafen
H a n s St rachwi tz (geb. 44. April
1792, gest. 18. Februar 1863), Herrn
auf Petrowitz, k. k. Kämmerers und
Rittmeisters a. D., und Luisens gebore-
nen vot! SchimonSka (gest. 1833).
Die erste Erziehung erhielt er im Eltern,
hause. Die treffliche Mutter, welche die-
selbe leitete, entriß der Tod dem erst diei«
zehnjährigen Knaben. Da der Vater, als
Gutsbesitzer, Landrath und Landschafts»
director vielbeschäftig! , nur selten die
Zeit erübrigen konnte, sich nach dem leb»
hasten talentvollen Knaben umzusehen,
und überdies im Haufe, wie in so vie»
len hochadeligen Familien, die Maxime
herrschte, die Kinder möglichst zeitig an
Selbständigkeit zu gewöhnen, was sich
früher oder später immer rächt, so blieb
auch Mor iz nach der Mutter Tode sich
meist selbst überlassen. Es fehlte die ge-
hörige Zucht, sowie an sorgfältiger Wahl
der Lcctüre. welch beides bei einem so
lebhaften und feurigen Temperamente wie
dem seinigen nur um so nöthiger gewesen
wäre. Geschickte bildete seineHauptlectüre.
besonders die der Alten, was aus seinen
Liedern ziemlich klar herausklingt. Dage-
gen war ihm Mathematik über AlleS ver»
haßt. Frühzeitig handhabte er mit muster»
hafter Sicherheit die metrische Form, denn
metrisch tadellos war daS selbstverfaßte
Gedicht „Arthurs Tafelrunde-, welches
der erst neunjährige Knabe bei einem
Feste vortrug. Seine Frühreife beweisen
unwiderleglich die „Nieder ein« Oriuachen-
den", welche er als Gymnasiast geschrieben
und im Alter von zwanzig Jahren (Bres.
lau 1842, Bern. 8o.) veröffentlichte, als er
seine Studien in Breslau machte. 1843
begab er sich an die Berliner Hochschule,
wo Hegel und Bruno Bauer an der Tagesordnung waren und sich bereits
jener kritische, vornehm abfertigende Ton
geltend zu machen begann, der später
Nord und Süd in zwei sich fast feindlich
gegenüberstehende Theile schied und noch
heute nicht gewichen ist. denn in Berlin
weiß man halt noch immer Alles besser
als anderswo in der Welt. I n Berlin
vollendete der gräfliche Dichter die
rechtswissenschaftlichen Studien und be-
trat alsdann die amtliche Laufbahn
als Referendar bei dem KreiSg.'richte ^u
Grottkau. Eine Neife nach Schweden
und Norwegen soll er nack Einigen vor
Antritt dieseö Dienstes, nach Anderen erst
später unternommen haben. Doch sei dem.
wie ihm wolle; dem noch ganz von den
Eindrücken der Nordlandsfahrt erfüllten
jungen Grafen behagte die erwähnte
Stellung bei dem Kreisgerichte nicht; er
gab dieselbe auf und übersiedelte auf sein
Gut Schebetau in Mähren, wo er ganz
seiner Welt, die er sich in seinen Dichtun-
gen aufgebaut, lebte, bis ihn die Wan-
derlust wieder ergriff, die ihn, wie vordem
nach Norden, jetzt nach Süden trieb. Er
kam nach Venediq. wo er sich mit dem Ge«
danken trug. in dieser „Stadt der Poeten",
wie er sie brieflich nannte, und die zudem
eine AdelSstadt war, zu bleiben und zu
dichten. Aber da erfaßte ihn Krankheit,
und so trachtete er leidend heimwärts,
konnte aber nur noch Wien erreichen,
wo er von einer alteren Verwandten ge>
pflegt, erst 23 Jahre alt« seine Augen
schloß, gerade ein Jahr vor jener mit der
Erhebung in den Märztagen von 1848
beginnenden neuen Epoche in der deut»
schen Geschichte, ja auf dem Continente
überhaupt. Bei so kurzer Lebensdauer ist
denn auch die dichtende Thätigkeit S.'s
eine quantitativ nur geringe. Außer den
schon genannten „Liedern eines Erwa«
chenden", von denen 1850 eine zweite
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon