Page - 260 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Volume 39
Image of the Page - 260 -
Text of the Page - 260 -
Straschiripka 260 Straschiripka
n o n's Bildern wieder. Wie wenige Künstler
weiß er'ihnen eine Seele einzuhauchen, ader
nur zu oft scheint diese Seele in sich selbst
wie in einen Abgrund nieoerzustarren und
von aller Freude am Irdischen trostlos abge.
löst. Die Auffassung erscheint bei dem in
Rede stehenden Porträt tadeln«werth, weil
darin nur die subjective Stimmung des
Malers ihren Ausdruck findet. An Kraft und
edler Einfachheit des Vertrages steht das
Bild jedoch hinter Canon's besten Arbeiten
nicht zurück." — Ein anderes Mal bemerkt
dieselbe kritische Stimme: „daß Canon,
dem jede malerische Coquetterie, jedes absicht-
liche Reizmittel fremd ist. nur durch Echtheit
und Größe im Bunde mit einem ««berück-
baren Schönheitssinn wirke. Die Natur hat
für diesen Künstler so viel gethan, daß er,
um des Erfolges stets gewiß zu sein, nur
stets sich selbst treu zu bleiben brauche". —
Nicht so mild faßt der Kritiker I . R. in
Hel ln er's „Blättern" den Künstler an. In
dem weiblichen Porträt, das im Mai l862
im österreichischen Kunstverein ausssestellt
war, erblickt dieser Kritiker wieder eine der
dem Künstler schon geläufig gewordenen
weiblichen Gestalten, die alle. wie es scheint,
das vielbesprochene und Aufsehen erregende
.Fischermädchen" gebar; diese sich auS Mor»
pheus' Armen erhebende kolossale weibliche
Figur ist daher von sprechender Familien«
ähnlichkeit und bestätigt unsere Ansicht, mit
welcher wir wohl nicht allein stehen dürften.
Canon will immer virtuoser werden (das
moderne Virtuosenthum — in der Musik
bereits überwunden — greift jetzt stark in der
Malerei um sich), das ist jedoch zu bedauern,
hier tritt uns die Suckt nach Apartem auf.
fallend entgegen; er wird allmälig hart in
der Zeichnung, eckig und geschmacklos im
Colorit. Canon folge unbekümmert scincrn
Talente, er wird. folgt er treu und redlich
der Natur, sicher in der rechten Bahn bleiben,-
wer mehr sucht, vorzugsweise in der Wahl
seiner Motive, als die Wahrheit zuläßt,
greift schon falsch aus und gerätb somit von
der sicheren, festen Straße in den Sumpf. —
Schlimm fertigt Sp (eidel) den Künstler
bei Beurtheilung eines im Jahre 1862 aub.
gestellten weiblichen Porträts ab, das er als
nichts mehr denn „geniale Struwelpeterei"
bezeichnet. Ein anderes Mal. da Sp eidel
den „Rüdenmeister" bespricht, meint er, „daß
in Eanon gesunder Farbensinn stecke, daß
er einen breiten, kräftigen Vortrag besitze, daß diese Eigenschaften, freilich theilweise ins
Robuste gesteigert, sich auch in dieser Com»
Position begegnen, in welcher der Kopf des
Rüdenmeisters und die Hunde zu dessen
Füßen weitaus das Beste seien". „Aber",
schreibt Sp eidel weiter, „aus der Unbe»
holfenheit der Gestalt, aus ihrer Dispropor-
tion und innerlichen Lehrheit geht deutlich
hervor, daß Canon die menschliche Gestalt
nur in den Theilen studirt hat, die zur Ferti.
gung eines Porträts oder Studienkopfes
unumgänglich nothwendig sind. Er solle sich
daher, beuor er wieder eine volle Figur auf
die Leinwand bringt, einen ganz nackten
Menschen genau betrachten." — Auch der
Kritiker G. im „Oesterreich ischen Volks,
freund" bemerkt über das „Schwarz^välder
Mädchen", „daß die Grsichtsbiloung unge»
mein interessant, das dunkle Augenpaar spre-
chend sei. daß aber den krankhaft blassen
Teint Canon gewiß nicht im Schwarz»
walde gefunden habe", — Ein anderer
Kritiker im „Vaterland" nennt Canon's im
Jahre 1867 ausgestellte „Eoa" eine abson-
derliche Schöne, deren sassrangelbes Haar
und grünes Gewand so sonderbar ungesunde
Reflexe » 1» ooulour ä'un i»iL»Q ^ourrl
über die Fleischpartien dieser in ungraziöser
Stellung sitzenden Dame werfen". — Da-
gegen meint I . N.(ordmann) im „Wan-
derer", wo er über des Künstlers Bild „Wein,
Weib und Gesang" urtheilt, „daß sich in dem-
selben wieder die Löwenpranke des genialen
Künstlers zeige, der aber leider mit dem
Uebermuthe coquettirt, auf Abwegen sein
Kunstziel erreichen zu wollen. Doch EineS
müsse auch hier ausgesprochen werden, daß
er mit einem Besenstiele nochimmer
Besseres zu Stande bringt alS man-
cher seiner Genossen mit dem feinst
behaarten Pinsel." — Der Kunstkritiker
des „Neuen Wiener Tagblattes" meint bei
Würdigung des vorgenannten Bildes, „daß
diese Lautensvielerin. uoc der Weinbecher
stehen, und welche den Luther'schen Spruch
illustrire, im R em brand t'schen Colorit
unter Herbeiruf aller gelblichen und bräun,
lichen Töne der Palette gehalten sei. Der
Kopf sei recht hübsch, der Hals unschön, vor,
trefflich das Beiwerk, wie Glas und Instru-
ment. Canon sucht, wie einst Rahl , die
Alten, aber nicht die der Historie, sondern
des Genre; es zieht ihn zu den derberen
Niederländern." — DeS reformatorischen
Geistes dee Künstlers gedenkt zuerst der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon