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Strafchiripka 261 Straschiripka
Kritiker der „Neuen freien Presse", wenn er
schreibt: „daß die neuere Zeit (l868) indem
Wiener Maler Canon ein eigenthĂĽmlich
aufregendes Element in das stille Karlsruhe
gefĂĽhrt habe. Er frappirte die jungen Leute
nnt coloristischen KunststĂĽcken und neuer
Technik, die einen Augenblick selbst den alten
Schirmer verwirrt?, und trat dem Realisten,
welcher die ganze Wirkung seiner Kunst auf
die Physiologie des Auges zurĂĽckfĂĽhren und
Rafael's Zauber auf den ausschlieĂźlichen
Reiz der Farbe beschränken wollte, mit einer
keck realistischen Maler.Aesthetik gegenĂĽber.
Eine Ehe zähmte den Feuergeist in der
neuesten Zeit". — Am entschiedensten und
rĂĽcksichtslosesten aber tritt dem KĂĽnstler der
Kritiker des „Vaterland", Abani, entgegen.
Schon bei dem Bilde „Wein, Weib und
Gesang" beklagt er es. „daß in die Bewun«
derung des KĂĽnstlers sich aufrichtige Trauer
mische. I n ihm gehe vielleicht eines der
bedeutendsten Talente aller Zeiten zu Grunde.
Wer bei mangelhaften Studien, bei einem
Leichtsinn ohne Gleichen, bei einer Haltlosig.
keit und Zerfahrenheit ein Bild hervorzau«
bern kann, wie dieses, was wĂĽrde dem
unmöglich, ja nur schwer sein, wenn er
ernstes Streben und moralischen Halt mit»
brächte, jene HauptZrundlagen gedeihlichen
Fortschrittes in jeder Kunst. Canon hat«
seinerzeit Bilder ausgestellt, welche mannig'
fache Fehler in Zeichnung und Colorit auf»
wiesen. Ueberall in größeren Eompositionen
zeigt sich ein unsteter Geist, seine Fahrigkeit,
sein Mangel an beharrlichem Studium. Sein
eben ausgestellter Frauenkopf (Februar 1868)
ist ein höchst fess-lndes. wahrhaft classisches
Bild. das Werk eines Meisters. Die Auf»
fassung nähert sich jener der besten Meister
der niederländischen Schule. Das Colorit.
trotz dem unbedingt herrschenden Braun, ist
unendlich wohlthuend, harmonisch. Der Aus-
druck des Gesichtes ist nicht zu beschreiben.
Der Maler hat so viel Edles, Hohes und
doch Sinnliches in dieses Weib hineingelegt
und gleichzeitig all' dies so ruhig uno im
Einklang zum Ausdruck gebracht, daĂź man
gerne vor diesem Bilde so mancher anderen
vergißt. „Ich wette", sprach ein galliges
Männchen neben mir. „der Mensch hat wo
einen unbelanniin Rembrandt aufgefun«
den und bindet uns die Copie für ein Ori«
ginal auf." Der Mann hat neben einer
unbegründeten Anschuldigung eine sehr be«
gründete Kritik ausgesprochen. — Tin an« dermal nennt Abani das Selbstportrat
Canon's (Mai-Ausstellung 1868) „eine
Perle aus der Van D y k-Periode dieses
wandelbaren, fiottirenden KĂĽnstlers", und
schließlich thut er den Ausspruch: „in Ca«
non ist oab größte Talent beinahe vergraben.
Es fehlt ihm an ästhetischem Knochengebäude.
Seine Gallertennatur nimmt zu leicht fremde
EindrĂĽcke an. In. dem Bilde, welches wir
gleichwohl nicht yenug bewundern und loben
können, scheint er nicht, er ist Rem<
brandt. Wollte und könnte er einmal so
ganz er selber sein, die Zukunft hatte eine
hohe Stelle in der deutschen Kunst fĂĽr ihn."
I I I . (Quellen zur Kritik Straschiripka's. Kö l .
Nische Ze i tung. l86t. Nr. 343: „Die
zweite deutsche allgemeine und historische
Kunstausstellung". Von Hermann Becker.
— Oesterreichische Z e i t u n g , I86i
Nr. lOO, im Feuilleton: „Die April.Aus'
steUung des österreichischen Kunstvereins".
Von B(etti) P(a o l i). — Z e l l n e r'S
Blä t te r für Theater, Musik und bildende
Kunst (Wien. kl. Fol.) V I I I . Jahrg. (!8S2),
Nr. 38: „Der alte und der neue Kunstver-
ein". Von T. R. — Die selben, Nr. 4l.
— Das Vater land, 4862. Nr. 64, im
Feuilleton. Von Sp.(eidel). — Das«
selbe, 1867. Nr. 39. Von A—l. — Das.
selbe, l868. Nr. 52. 72 und 240: „Oester.
reichischer Kunstoerein". Von Abani. —
Die Debatte (Wiener pulit. Platt) 1863,
Nr. 243.- „Vom Künstlerfest". Von C. Abani.
— Presse. 1863. Nr. 263, im Feuilleton:
„Kunstberichte". — Oesterreichischer
Volks freund. l863. Nr. 27i. „AuS dem
österreichischen Kunstverein". — Neue freie
Presse (Wiener polit. Blatt) i866. Nr 740,
im Feuilleton: „Der österreichische Kunstoer»
ein". Von S.(peidel). — Dieselbe.
1368, Nr. 1473.- „Dtitte deutsche Kunst»
ausstellung". — Wanderer (Wiener polit.
Blatt) 4868, Nr. 278, im Feuilleton: „Allge»
meine Kunstausstellung". Van I.(ohanneS)
N.(ordmann). — Neues Wiener Tag»
blatt , 1868. Nr. 299. im Feuilleton: ,Die
Oesterceicher auf der oritten deutschen Kunst»
ausstellung".
IV. Friedrich Pecht ĂĽber Cansli-strllschirlpka.
Canon ist ein viel besserer Zeichner als
Lembach. und so erscheint denn auch seine
Modellirung der Flächen im Kopf. die Durch»
bildung der Hände unstreitig noch feiner,
wie die Figur correcter. Cc eignet sich darum
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon