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Strauß Johann I. (Vater) 342 Strauß, Johann I. (Vater)
tung haben, wenn seine Tänze, abgelöst
von ihrem Zwecke, also außerhalb des Ball«
saales. noch Gehalt genug besaßen, um musi.
kallsch zu interessiren. Daß dies in nicht
geringem Grade der Fall, wird kein Unbe.
fangener läugnen. St rauß erwies sich in
der Ausarbeitung seiner Musikstücke als ein
feiner, künstlerischer Geist, dem alles Rohe
und Dilettantenhafte ferne lag. Obwohl
reiner Naturalist und seinem eigenen Ge«
ftändnisse nach außer Stande, lich über
frappante Einzelnheiten seiner Werke Rechen»
schaft zu geben, verfehlte er doch nie. im
Rhythmus, Periodenbau, vorzüglich in der
Harmonisirung und Instrumentation eine
Fülle von Zügen niederzulegen, welche das
bedächtige Ohr des Musikers schlürfte, wäb
cend der Tänzer in süßem Melooienrausche
schwelgte. Nur an eine Eigenschaft der
Straüb'schen Themen sei hier erinnert, an
deren oft frappante Selbständigkeit und
Verwendbarkeit zu weiterer Durchführung
Schwache, aber meist glückliche Anfänge zu
wirtlicher Durchführung finden wir hie uno
da, so weit sie der drückend enge Rahmen des
Walzers zuläßt. Eine Ahnung jener höheren
Ausbildung der Walzerform, wie sie uns oor>
schwebt, liegt in dem ersten Walzer der „Her
;enslöne", welcher, die gewöhnliche Tactzahl
weit überschreitend. vonAnfang bis zu Ende
nur aus der Verarbeitung Eines Motivs be>
steht. Die gegenwärtige Form der Walzermusik
birgt ein großes Hemulniß für deren künstleri»
sche Entwicklung und für jeden Eoniponisten.
oer ihr eine bessere Mitgift von Talent oder
Kenntniß zubringt.... Zu eine m Tanze sind
(außer Introduktion und Finale) fünf Wal<
zer. also wenigstens fünf neue Themen noth.
wendig, meist jedoch noch einmal so viel, da
gewöhnlich zum zweiten Theil jedes Walzers
wieder ein neues Motiv verwendet wird. Es
ist dies eine untünstlerische Verschwenduna.
welche die begabteste Productionskraft bald
erschöpfen, muß. War der Walzer Strauß'
eigenstes Gebiet, so hat er doch auch in
anderen leichten Gattungen Hübsches geschaf.
fen. namentlich in die steife Form der Q u a,
dri l le mehr Farbe und Leben zu bringen
gewußt, als sie in ihrem Heimatlande Frank«
reich je erreichte. Seinen Märschen fehlt
der männliche, kriegeMche Charakter, sie
sind. bei glänzender Aeußerlichkeit, meistens
hüpfend und leichtfertig; — beS-ungcmein
interessanten Motivs des ^Freiheilsmarsches"
möge hier ausdrücklich gedacht sein. Seine letzten Walzer, die er ohne eine Ahnung
seines Todes bei vollkommener Gesundheit
schrieb, hat er seltsamer Weise „Des Wan-
derers Lebewohl" betitelt. Zum Schlüsse noch
einige Worte über St rauß als Musik ,
Director. Er hat als solcher das Ver»
dienst, gute Musik unter das Publicum ge-
bracht zu haben. Es gab keine S t rau h'sche
Proouction, wo nicht Werte von Beetho-
ven. Mozar t . Mendelssohn. Svohr,
Weber u. A. auf dem Programme ver»
zeichnet und mit großer Präcision ausgeführt
wurden. Unter den öffentlichen Instituten, die
bis zum Jahre lii49 regelmäßig Instrumen-
talmusik zur Aufführung brachten, muß man
nach den „Philharmonischen Concerten" ge-
rechter Weise das Strauß'sche Orchester
nennen; in seinen bescheidenen Gartenpro»
ductionen konnte man viel bessere Aufsüh»
rungen guter Instrumentalwerte hören, al5
in manchen FasteN'Concerten mit hochtönen«
den Namen.
IV. Zur künstlerischen Charakteristik. Aurora
(Hamburger Localblatt. 4«.) 183«, Beilage zu
Nr. 120 vom 3. October.- „Johann Strauß".
— Hanslick(Eduavd), Aus dem Concertsaal.
Kritiken und Schilderungen aus den letzten
zwanzig Jahren Wiener Musiklebens (Wien
18?U. Braumüller, gr. 8«.) S. l3: „Johann
Strauß (gest. 25. September «848)". —
Der Komet. Herausgegeben von Herloß-
söhn (Leipzig, 4<>.) X I I . Jahrg. (l84l),
Nr. 9s: „3trauß uno oie Wiener". —
Piehnigg, Mittheilungen auS Wien (Wien,
8».) 1834. Bd. IV, S. 2l: „Strauß und
Lann?r. Vin Bild aus dem Wiener Leben".
Von Günzburg. — Unterhal tungen
am häuslichen Herd" (Leipzig, Brock-
haus.schm. 4«.). Neue Folge. Bd. I I , S. 55«.
„Wiener Bilder. I I . Der Strauß". Von
Friedrich von Gaudy. — Wiener Cou-
rier, l857. Feuilleton < Beilage zum Mon.
tagdlatt Nr. 290: „Der Strauß". — Wie,
ner al lgemeine M usi l»Z ei tun g. Her«
ausgegeben von Ol. August Schmidt (40.)
V. Jahrg. tt843), Nr. 36. „Strauß' Stern,
bild am Horizont der Tanzwelt". Commentirt
von F. Gerner th. ^Gernerth setzt dieses
Sternbild mit dem glänzendsten Stern
S t r a u ß Vater aus S t r a u ß ^uuioi-,
Benb l , B a l l i n , Adam Schröder zu»
sammen) — Al lgemeine Theater.Zei .
tung. VonAdolph Väuerle(Wien. gr. 4".)
!841, Nr. 150: .Strauß und die Wiener".
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon