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Strauß) Joseph.1. 364 Strauß Joseph I.
letzten Accorde. Mit einer raschen Wendung,
welche halb Verbeugung, halb ein Sprung
von der Höhe war, ist Johann Strauß
plötzlich vom Pult verschwunden Das
muß man Dir lassen, Johannes der Zweite,
die Inscenirung Deiner Walzer verstehst Du.
Classische Ruhe liegt in Deinem Vortrage
nicht, dafür aber eine Unruhe, die wahrlich
auch classisch ist Wann wird man Dich
wieder so sehen, König Johannes?"
St rauß , Joseph I . ( W a l z e r>
Compon is t . geb. zu W i e n am
25., nach Anderen 22. August 1827,
gest. ebenda am 22. Juli 4370). Der
zweite Sohn des berühmten Walzer»
geigeis Johann Strauß. Wie sein
älterer Bruder sollte auch er dem son
derbaren Willen des Vaters sich fügen,
welcher den Söhnen das Studium der
Musik untersagte und dieselben zu einem
Lebensberufe zwang, den er für jeden
einzelnen nach eigenem Gutdünken aus»
eisah. So mußte sich J o s e p h dem
Baufache widmen. Nachdem er daS
Gymnasium beendet hatte, wurde er
zur Fortsetzung seiner Studien auf das
Polytechnicum geschickt. Während er
aber den väterlichen Willen erfüllte,
betrieb er nebenbei doch mit Eifer Mu«
fik, von der Mutter dabei heimlich un«
terstützt und gefördert, componirte so«
gar und spielte seinen Fachgenoffen nicht
selten eigene Productionen vor. Nach
beendeter Technik kam er nach Einigen
zunächst als Zeichner in die Kanzlei
eines Architekten, wurde als Lehrling
von der Maurer» und Steinmetzerzunft
freigesprochen und bald bei mehreren
Bauten verwendet. Nach Anderen wäre
er sofort in der Speker'schen Maschi«
nenspinnfabrik am Tabor als Inge.
nieur angestellt worden. Auch soll er
damals eine Straßenreinigungsmaschine
erfunden und wegen Einführung der»
selben mit dem Wiener Magistrate län» gere Zeit unterhandelt haben. Als über
sein Bruder Johann 1883 nach einer
lebensgefährlichen Krankheit zur Voll.
endung seiner Genesung das Bad Neu«
haus bei Cilli besuchen mußte, über-
nahm Joseph, der nicht minder musi»
kalisch geschult war, interimistisch die
Direction der Capelle seines Bruders.-
Thatsächlich ergriff er nur den Tactir»
stock und nicht, wie eS sonst in Wien
bei Dirigenten der Brauch, die Violine,
weil er wohl trefflich das Piano, aber
die Violine gar nicht zu spielen ver«
stand. Spater erst nahm er Unterricht
auf der letzteren. Vom Directionspulte
kehrte er jedoch nicht wieder in die Fa»
brik zurück. Nachdem sein Bruder I o»
h a n n genesen, stellte er selbst ein
Orchester zusammen und wirkte als Di-
rector desselben und als Compositeur.
I n letzterer Richtung war er ungemein
fruchtbar, denn die Zahl seiner Com»
Positionen erhebt sich, obgleich er nur
43 Jahre alt geworden und erst im Al»
ter von 26 Jahren öffentlich zu compo«
niren begann, auf nicht weniger als
283 Opera, die Arrangements, welche
sich wohl an 39t) belaufen mögen, un»
gerechnet. J o s e p h war seit seiner
Kindheit kränklich; ein Rückenmark«
und Gehirnleiden marterten den Kunst»
ler, dessen Gesichtsausdruck nur zu deut»
lich die Spurm desselben verrieth.
Schon als Jüngling befielen ihn nicht
selten Ohnmachten, und daß sein krank«
hafter Zustand bei der fortwährenden
Aufregung, in welche ihn seine Beschäf«
tigung als Orchesterdirector versetzte, sich
nicht m.inderte, eher steigerte, begreift
sich wohl leicht. Wenn einer seiner Bio«
graphen schreibt: „Joseph Strauß,
ein echtes Wiener Kind, in des Wortes
bestem Sinne, hat etwas Durchgeistigtes
n seiner Physiognomie; beim Dirigiren
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon