Page - 280 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Volume 40
Image of the Page - 280 -
Text of the Page - 280 -
Eduard 280 Eduard
jenen nickt unähnlich sind, über welche
unsere Abgeordneten eben berathschlagen,
nämlich er wolle den Kaiser nicht aneo
kennen, da ließ derselbe seinen großen
Kanzler S e l d e n u s kommen, eine
Staatsfcbrift von ihm verfassen, sie
drucken und in zahlreichen Exemplaren
verbreiten, welche Schrift noch heute in
allen Bibliotheken vorbanden ist und
deren Schlußworte folgendermaßen lau-
ten: Und wolle hieraus Jedermann er>
fahren, daß Seine Heiligkeit Alters und
anderer Umstände halber nicht mehr recht
bei Sinnen seien". Aehnüche, nicht minder
drastische Beispiele citirt Sueß aus dem
Jahre 1709, als sich Clemens XII I .
weigerte. Kar l I I I . als König von Spa-
nien anzuerkennen; und nun gar eines
aus dem Jahre 18^)0, als Kaiser
Franz I. sich weigerte, die Marcus«
kirche in Venedig zur Inthronisation des
Papstes zu gewähren, und zwar aus dem
höchst interessanten Grunde, weil die
damalige österreichische Politik sich mit
nicht geringeren Gedanken trug, als das
römische Reick deutscher Nation selbst
wieder herzustellen und das Territorium
deS Papstes in österreichische Gewalt zu
bringen. Daß eine mit solchen Beweis-
stücken garrnrte Parlamentsrede ihre
Wirkung auch bei der gegnerischen Partei
nicht verfehlte, laßt sich begreifen, und an
Ovationen, welche dem gelehrten Nedner
von der seinigen dargebracht wurden,
mangelte es auch nicht. Ueberhaupt ent-
wickelte Professor Sueß im Parlamente
immer eine hervorragende Thätigkeit, so
fungirte er unter Anderem als Minoritäts"
Berichterstatter über daS Zoll- und Han«
delSbündniß mit Ungarn. alsMajoritäts-
Berichterstatter über die Petroleumsteuer
und den Berliner Vertrag und mehrere
Male als Referent über das Unterrichts,
budget. Besonders bedeutsam aber er» scheint das Auftreten unseres Professors,
als er in einer anläßlich der Bankfrage
(des Ausgleichs mit Ungarn) im Jahre
1876 einberufenen Wähleruersammlung
des zweiten Wiener Wahlbezirkes (3. Oc«
tober 1876) unter anderen folgende be»
zeicdnende Worte sprach: „Die Basis
unserer dualistischen Reichsverfassung sei
entschieden eine ungerechte. Denn während
die Ungarn schonungslos alle anderen
Nationalitäten in Transleithanien unter»
drücken und eine aus allgemeinen Wahlen
hervorgehende einheitliche Vertretung be«
sitzen, hat unser Abgeordnetenhaus nach
Ländern seine Wahlen in die Delegatio»
nen vorzunehmen, und so kam es. daß
Verfügungen über einen großen Theil
unseres Staatsvermögens wiederholt in
Fällen getroffen worden sind. bei welchen
die Majorität weder die Majorität der
Bevölkerung noch die der Steuerträger
war". Im weiteren Verlaufe seiner Rede,
in welchem er den ungarischen Ausgleich
in der Bankfrage naher beleuchtet und
die gestellten Forderungen mit aller Ent«
schiedercheitzurückweist, kommter auch auf
das uns gleichsam als Zwangsmittel zum
Nachgeben entgegengehaltene Schreck-
bild der „Personal-Union" zu sprechen.
„Ich halte", ruft er aus, ,daß eine Per»
sonal-Union für die Dauer vollständig
unmöglich. So wie ein zersprungener
Mühlstein in der Mühle mit seinen beiden
Hälften aneinander gerieben, bei der ersten
rascheren Bewegung zurückgeschleudert
wird, so wird auch beim Eintritte der
Personal'Union früher oder später jeder
einzelne Staat bei der ersten rascheren
Bewegung der Räder der Weltgeschichte
zerschmettert werden. Also glauben wir
an keine Personal'Union Man sagt
unS auch. Ungarn werde Zollschranken
zwischen sich und Oesterreich errichten.
Auch daS schreckt mich nicht. Meine un-
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Volume 40"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Volume 40
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Streeruwitz-Suszncki
- Volume
- 40
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 394
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon