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Sicher, Salomon 312 Salonion
allen Ernstes darauf, daß er sich um den
Posten bewerbe. Der wiederholte Ein»
wand, daß der Sohn noch zu jung sei,
war vergeblich; sie bestand auf der Be»
Werbung, und dies um so mehr, als sie
auf daS zurückgelegte dreizehnte Leben«,
jähr hinwies und geltend machte, der
jüdische Jüngling werde in diesem Jahre
reif erklärt' und als Mann in die Ge«
meinde aufgenommen. Ungeachtet dessen
stellte sich doch dieser Bewerbung ein
Theil der Gemeinde entgegen, so daß
die Besetzung der Cantorstelle nicht
vom Vorstande erledigt werden konnte,
sondern die Verhandlungen über diese
Angelegenheit nach Wien zur Entschei»
düng geschickt werden mußten. Und da
ein gesetzliches Hinderniß sich nicht er«
bringen ließ. wurde der l 3jährige Sa-
lomon Sulzer von Kaiser Franz
als Cantor der Gemeinde Hohenems
bestätigt, ihm jedoch zugleich ein Zeit-
räum von drei Jahren gegönnt, in
welchen er sich für daS ihm verliehene
Amt ausbilden sollte. In dieser Zeit
widmete der mit musikalischem Talente
.reichbegabte Jüngling der Musik sein
ganzes Sinnen und Streben. Er ging
zu diesem Zwecke 18l7 zunächst in die
Schweiz, wo er bei L ippmann, einem
der berühmtesten Cantoren ener Zeit.
Unterricht nahm. Nach einjährigem Stu»
dium machte er mit seinem Lehrer eine
Reise durch einen großen Theil von
Frankreich, und zwar zog der vierzehn«
jahrige Sa lomon mit seinem Meister
gleichsam als fahrender Schüler daselbst
von Ort zu Ort. überall Gesangspro-
ductionen gebend, und er hatte dabei
Gelegenheit, die Improvisation seines
Gesangstalentes auszubilden, welches
allerdings auf diesen Fahrten und in den
Vorstellungen, welche sein Lehrer gab,
eine ganz eigenthümliche Verwendung fand. AuS Frankreich heimgekehrt, trat
er noch immer nicht seine Stelle an.
Selbst fühlend, wie so Manches für seinen
Beruf ihm noch mangle, verließ er wieder
das. Elternhaus' und begab sick nach,
Karlsruhe, wo er ein ganzes Jahr mit
allem Eifer seinen Musikstudien oblag.
Endlich von Grund aus geschult und
seinem Dienste völlig, gewachsen, über»
nahm der 16jährige Künstler das Hohen»
emser Cantoramt und verwaltete es
durch fünf Jahre, selbst kleine Opfer
nicht scheuend, zur vollen Zufriedenheit
der Gemeinde. Er organisirte alsbald
einen gut geschulten Chor, sowie ein
kleines Orchester für Streichinstrumente,
in welchem alle Mitglieder Israeliten
waren. Da sein Gehalt nur 100 fl.
Neiä'swährung betrug, er überdies einen
Bassisten aus eigener Tasche zahlte und
den Sopranisten in aänzliche Verpfle«
gung nahm so können wir uns diese
sonst unbegreiflichen Dinge nur durch
den Umstand erklären, daß er bei seinen
vermögenden Eltern eine ausgiebige
Unterstützung fand. Sein Ruf als Cantor'
ging bald über die Grenzen seines
Geburtsortes hinaus, und schon 1823
erhielt Sa lomon eine Einladung nach
Wien, wo ihn auch sofort die israelitische
Cultusgemeinde als Cantor anstellte.
Diese Gemeinde war eben im Begriffe, sich
recht zu entfalten, sie hatte einen statt«
lichen Tempel erbaut, in Mannheimer
einen geistvollen und trefflichen Redner
gewonnen und nun zu diesem den un>
vergleichlicken Sänger gesellt, der dem
Gottesdienste eine neue Weihe verleihen
sollte. Die Aufgabe aber. welche Sa«
lomon übernommen hatte, war keine
geringe. Eä mußte mit dem fest einge-
rosteten Schlendrian gebrochen werden.
DieS aber konnte nur allmälig geschehen.
Es galt, an die Stelle des seelenlosen
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Volume 40
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Streeruwitz-Suszncki
- Volume
- 40
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 394
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon