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Sylva-Taroucca, Emanuel Tellez 97 Sylva-Taroucca. Emanuel Tellez
guten und bösen Tagen, volle Hingebung
an die Pflickt deS Berufes. Fürst und
Unterthan geben hier ein Beispiel, wie
deren die Geschichte wenig genug aufzu-
weisen vermag. Eo war die Stunde
herangekommen, in der es an ein Schei.
den ging. T a r o u c c a hatte sein
73. Jahr, Theresia ihr 54. erreicht.
An einem Sonntage gegen Ende Fe«
bruar 47.7!. nachdem der Graf schon
lange gesiecht hatte, waren plötzlich sehr
bedenkliche Zeichen des nahenden TodeS
bei ihm eingetreten. Die Auflösung
schien nicht mehr ferne, als die Kaiserin
dem Scheidenden noch ein Zeichen ihrer
unbegrenzten Achtung, wie ihres DankeS
geben wollte. Sie schrieb daher eigen-
händig folgende Zeilen an ihn nieder,
die weiter keines Commentars bedürfen:
„Ich war diesen Morgen seit vier Uhr
mit Ihnen beschäftigt. Ich war sicher,
etwaS von Ihnen zu vernehmen, ja ick
dachte mir, daß Ihr Sohn kommen muffe,
obwohl ich ihn nicht empfangen konnte,
da meine Thür für alle Welt verschlossen
war. Er hat mir auch wahren Trost ver-
schafft, indem er mich wissen ließ, daß die
Schrecken des Sonntags sich nicht erneut
haben. I n Bezug auf mich selbst bin ich
hiedurch hockst erfreut, doch weiß ich
nicht, ob ich Gleiches von Ihnen denken
darf, der Sie vorbereitet und entschlossen
sind, als Philosoph. Christ und Büßer.
Welche glückliche Fernsicht öffnet sich
Ihnen! Die ewige Barmherzigkeit Got«
teS wird Ihre Geduld krönen! Große
Opfer haben Sie zu bringen, eine Gar»
tin, Kinder und Freunde, die Ihrer Liebe
werth waren. Doch all dies ift nichts im
Vergleiche mit dem, was unS erwartet,
und selbst das Glück, das wir hier
genossen haben, kommt ja auS der
gnadenreichen Hand unseres göttlichen
Schöpfers, und je mehr er uns davon
v.Wurzbach. biogr. Lerikon. XI.I. ^Gedr. l zutheil werden ließ. um so williger
sollen wir es ihm zum Opfer bringen.
Ich führe dies nur an. weil eg die
Lehren find, die Sie bei den verschieden-
sten Anlässen mir zuriefen, bei denen ick
mich stets wohl befunden habe, und nickt
weil ich dies zu Ihrem Trost für nöthig
halte, sondern um mich zu stärken in
einem Augenblicke, in dem ich es so sehr
bedarf. Ver l iere ich doch einen
meiner ältesten und achtbarsten
Freunde. Ich habe keinen sol-
chen mehr und fühle die ganze
Bit terkei t deS Schmerzes. Für
immer Ihre wohlgewogene und treue
Freundin T h e r e s i a " . Bald nach
Empfang dieses Briefes, am 8. März
1771 verschied der Graf. Im Vor-
stehenden wurde derselbe in seinen höchst
interessanten Beziehungen zur Kaiserin
Mar ia Theresia dargestellt. Gewiß
sind dieS Eröffnungen, durch welche uns
Fürstin und Unterthan menschlich näher
rücken; während sie die Erstere unS nur
noch verehrungswürdiger machen, zeigen
sie uns den Letzteren in der Bedeutung
eines praktischen Philosophen deS acht-
zehnten Jahrhunderts. Aber auch in
seinem öffentlichen Auftreten erscheint
Sy lva immer und überall als der voll«
endete Gentleman, und obwohl Graf-
fei in feiner Weise denselben nur in
fingirten Scenen uns vorführt, so erzeugt
er damit doch den Eindruck, den die
Liebenswürdigkeit Sylva's unter den
Zeitgenossen, mit denen dieser verkehrte,
erzielt haben mag. Graf Emanuel
war auck der erste Sy lva-Taroucca,
der seinen bleibenden Wohnsitz in Oefter-
reich nahm. Er kaufte in der Folge von
dem Prinzen von Oranien die Baronic
Tournhout im Brabantischen, welche
1753 für ihn zum Herzogthume erhoben
wurde, und seit dieser Zeit führen die
. April <880.) ?
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Susil-Szeder, Volume 41
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Susil-Szeder
- Volume
- 41
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon