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seiner Ueberzeugung nach der Credit
Ungarns vollständig vernichtet worden
wäre, wenn es sich nicht mit Oesterreich
in irgend einer Weise ausgeglichen, son-
dern die Secession auf dem Gebiete des
Bankwesens ausgesprochen, daS gemeiw
same Zollgebiet aufgelöst und sich so
finanziell und volkswirthschaftlich abge»
sondert hatte. Nachdem er sein Porte»
feuille in die Hände des Grafen Julius
SzapHcy übergeben, hielt er sich, um
im Reichstage nicht gegen ein Mini»
sterium stimmen zu muffen, dem er einst
selbst angehört, von den Parlamentsver«
Handlungen langereZeit fern. wurde aber
von der Oppositionspartei beständig
umworben und aufgefordert, offen in
ihre Reihen zu treten. Nun erklärte er,
daß er im Herbste (1879) wieder im
Reichstagssaale erscheinen und auch mit
der Opposition in allen Cardinalfragen
stimmen werde. Zum völligen Ueber«
tritte zur Partei der vereinigten Ovpo«
fitiott könne er sich aber schon darum
nicht entschließen, weil diese Partei sich
ja zunächst auf Grund ihrer Opposition
gegen den Ausgleich constituirt habe,
den er selbst in erster Linie verfochten.
Sein Austritt aus dem Cabinet gab
ihm einen gewissen Nimbus. Denn
während Andere sich gebogen, war
er fest geblieben; er hatte seine Ueber-
zeugung nicht geopfert, trotzdem er gut
wissen mußte, daß er bei der herrschenden
Stimmung in den maßgebenden Kreisen
sich deren Nngnade zuziehen und. wie
damals der „Pescher Lloyd" schrieb,
„ohne Auszeichnung auS dem Amte
scheiden werde, trotzdem er der höchsten
Auszeichnung werth gewesen". Dieses
Blatt erwähnt aber nicht, daß, wie da»
mals allgemein die Rede ging, Szell'S
Ausscheiden nicht wegen dessen Neige-
rung, die geforderten Mittel zu beschaffen. sondern vielmehr wegen der Form dieser
Weigerung erfolgt sei. Später freilich
kam die Stunde, in welcher er seinen
Austritt aus dem Cabinete durch eine
unverhüllte Darlegung der Thatsachen,
natürlich von seinem Standpunkte auS.
beleuchten und für sich sprechen lassen
sollte. Es war in der Sitzung deS unga>
rischen Abgeordnetenhauses vom 24. Fe«
bruar1880, in welcher Szö l l , der sick
bis dahin, seinem Vorhaben getreu, von
der Debatte fern gehalten, offen der
Opposition sich anschloß, indem er er-
klärte: er acceptire wohl das Budget,
könne aber unter den gegenwärtigen
Verhältnissen der Regierung das Ver»
trauen nicht votiren. Und er. der vier
Jahre die ungarischen Finanzen unter
den schwierigsten Verhältnissen geleitet,
konnte sein Votum vom finanziellen
Standpunkte leicht motiviren, indem er
nachwies, wie daS Deficit, das er feit
l874, wo eS 61 Millionen betrug, auf
27 Millionen im Jahre 1878 herab«
gebracht, wieder im Steigen begriffen
sei, und wie es für 1880 mit ruhigem
Gewissen auf mindestens 32 Millionen
geschätzt werden könne, trotzdem die
neuen noch nicht einmal votirten Steuern
bereits in Rechnung gezogen, die Gin«
nahmen oft über die maximale Größe
der Wahrscheinlichkeit hinaufgeschraubt,
die Ausgaben auf die minimale Grenze
der Möglichkeit herabgesetzt worden
seien. Szö l l , der ja wegen der boü»
Nischen Occupation aus dem Cabinet
geschieden, beleuchtete nun dieselbe in
ihren finanziellen (warum nicht aucb
politischen?) Folgen. Als er daran ge»
gangen war. mit großer Kraftanstren»
gung die vorhandenen Uebel zu faniren.
seien ihm die Anforderungen, welche die
bosnische Action an die ungarischen Fi>
nanzen stellt,:, in die Quere gekommen:
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Volume 42
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Szedler-Taasse
- Volume
- 42
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 356
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon