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Bartholomäus 37 S^emere^ Bartholomäus
Partei, welche durchaus auf dem Vortrag
in ungarischer Sprache bestand, und
den croatischen Deputirten, die bei
dem bisher üblichen Latein beharrren
wollten. Die Debatten wurden von
beiden Seiten mit Hartnäckigkeit geführt,
da sprach Szemere das entscheidende
Wort: „Laffen wir sie lateinisch sprechen,
aber ihre Reden werden als gar nicht
gehalten betrachtet". Und dabei blieb
eS. Die Croaten klagten immer; der
Magyar ließ sie unbeachtet, bis das
Schwert an Stelle der Zunge, Menscken-
blut an Stelle der Tinte trat. S 5 e«
mere bekundete rednerisches Talent,
politisches Geschick, das nur durch seine
ausgesprochene Magyarornanie einiger«
maßen beeinträchtigt wurde. Hatte er
schon früher auf dem Gebiete des Ge>
fängnißwesens durch eine dessen Reform
bezweckende, und zwar zunächst auf das
Zellensystem basirte Schrift, betitelt:
" <3?e?6i sssn'nö", d. i.
Plan zur Errichtung eines Corrections«
Hauses nach Principien des Privatrechtes
(Kaschau 4838, mit lithograph. Plan)
in maßgebenden Kreisen die Aufmerk«
samkeit auf sich gelenkt, so wurde sein
etlicbe Jahre später herausgegebenes
Werk: „^. biö'/ltstsö?^ s ^Mönössöösn
a. ^^ä^öii^6ts6?-6^, d . i . Von der
Strafe und insbesondere von der Todes-
strafe (Ofen 1841), von der ungarischen
Akademie der Wissenschaften mit dem
Preise gekrönt. 4846 zum Vicegespan
des Borsoder Comitates ernannt und
von diesem als Depuürter in den 1847er
Reichstag entsendet, trat er nun mehr
und mehr, wiewohl nicht immer in gün«
stigster Beleuchtung, in den Vorder-
gründ. Als eifriger Reformer, als ent-
schiedener Fortschrittsmann und Voll»
blutungar schloß er sick sofort der Linken an und gewann bald so sehr die öffent»
liche Meinung für sich, daß er schon im
März 1843 in das erste von Louis Grafen
Bat thyany gebildete Cabinet als Mi»
nister des Innern eintrat. Aber das Ver«
trauen, welches man ihm bis dahin ent»
gegengebracht, rechtfertigte er in dieser
verantwortlichen, schon unter gewöhn«
lichen Umständen, nun erst in so ernsten
Zeitläuften wichtigen und schwierigen
Stellung ganz und gar nicht. Man warf
ihm in kurzer Zeit Unfähigkeit vor, und
dieser Umstand war es vielleicht, der ihn
bei seinem Ehrgeize immer mehr und
mehr in die Arme der Revolution
drängte, endlich ganz in jene K 0 ssuth's
trieb. Denn gewiß ist es, daß S;e<
mere, wenngleich der Zinken angehörig,
niemals für Kossuth sich begeistert
hat, ja vor und bei Beginn des Reicks»
tages 1847/43 zu verschiedenen Malen
in den Reihen der Gegner des Agitators
gestanden ist. Man ging damals so weit.
zu behaupten, die Regierung würde ihn
noch in den Märztagen haben erkaufen
können, wenn sie gewollt hätte, und ein
Publicist steht nicht an, zu sagen: „daß
einige seiner Schritte und manche gou<
vernementale Sentenzen beweisen, daß
er sich selbst zu einer Liebeserklärung
herabgelassen habe". Kurz. als Ministec
des Innern büßte Szemere den Ruhm
ein, den er sich als Comitatsbeamter und
Deputirter erworben hatte. Wenn man
nach den Erlässen und Decreten, die aus
seinem Cabinet erftofsen. seine Thätig,
keit beurtheilen wollte, dann freilich
mühte man gestehen, daß er als Minister
thätig war wie kein zweiter, denn es
verging kein Tag ohne einen Erlaß aus
dem Ministerium des Innern. Aber eö
verhielt sich damit, wie einst mit den
Wiener Communalverordnungen, die.
um 11 Uhr erlassen, um 12 Uhr bereits
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Volume 42
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Szedler-Taasse
- Volume
- 42
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 356
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon