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Aent-Kirälyi, Moriz 96 Moriz
brach, fungirte er. jedoch nur auf kurze
Zeit, als RegierungScommissär in dem
ungarischen Heerlager von Szent-Tamas
und den Römerschanzen. Die Ereignisse
daselbst gingen nicht nach Wunsch der
ungarischen Regierung, und es fand nach
Szen t-Kirä.lyt's Heimkehr von seiner
Mission am 21. August eine Sitzung
statt, die einen sehr stürmischen Charakter
annahm, und in welcher sogar das Wort
„Verrath" siel. Es kam aus dem Munde
Moriz Perczel's. welchem Szent .
K i r a l y t in vernichtender Rede ent-
gegnete: „Ist wirklich Verrath vorhan-
den, so bekämpft ihn keine aufgedunsene
Rede, nein, nur die Energie der Porte«
feuilleträger". Aber die Dinge nahmen
endlich eine Wendung, welche selbst
dieser starre Mann der Opposition nicht
erwartet hatte. Er ging nicht weiter als
bis zum 8. October 1843. an welchem
Tage der König den Reichstag aufgelöst
und die ungarische Regierung annullirt
wissen wollte. Man hätte nun den Ge»
neralcapitän der Iazygier gar zu gern
in Debreczin gesehen; aber dieser ließ
sich nicht dazu herbei, den Pfad des
Hochverraths zu beschreiten. Er war
Oppositionsmann gewesen, Hochver«
rather mochte er nicht werden. Er begab
sich nach Pesth und blieb daselbst unbe-
helligt, bis er am 9. Februar in den
ersten Vormittagsstunden verhaftet und
unter Escorte croatischer Rothmänner
nach Ofen hinübcrgeführt wurde. Aber
schon nach wenigen Tagen erhielt er
seine Freiheit wieder. Und nun beginnt
ein neuer Abschnitt im Leben dieses da»
malS 43jährigen Mannes, der eine der
höchsten Landeswüiden bekleidet hatte',
er wurde 1830 Student der Medicin;
regelmäßig besuchte er als ordemlicher
Zuhörer die medicinischen Collegim an
der Pesther Hochschule und in den Zwischenstunden das Kaffeehaus „zum
Adler", den Sammelplatz aüer Scudeiuen
der Medicin. Wenn wir einer Quelle
glauben dürfen, so wär« er auch nach
München gegangen und hätte daselbst
seine medicinischen Studien fortgesetzt.
Siebenzehn Jahre vertiefte er sich in die
Geheimnisse der neuen selbstgewählten
Wissenschaft, von allem politischen Leben
sich fernhaltend; die Wahlen zum Reichs»
tage 1361 gingen vorüber, ohne daß er
sich um ein Mandat beworben hatte.
Endlich im September 1865 trat er mit
einem Male im Iosephstädter Bezirk der
Stadt Pesth als Candioat auf und ver»
theilte sein Programm unter der Nebe»
schrift: Was muffen wir wollen? In
diesem Programme erklärt er sich ent»
schieden gegen ein gemeinsames
Reichsparlament und beantwortet
die Frage, worin das Band mit der
westlichen Halste der Monarchie bestehe,
und wo der Berührungspunkt für die
Völker gefunden werden soll, folgender»
maßen: Darauf bestimmt zu antworten,
ist vorläufig schwierig, weil dies davon
abhangt, welche Angelegenheiten und in
welchem Umfange dieselben als gem ei n»
same angenommen werden. Wenn um
diese Angelegenheit gefragt wird, so ist
eine detaillirte Antwort hierauf noch
schwieriger. Wird jedoch eine allgemeine
und maßgebende Bezeicknung gewünscht,
sowohl in Betreff der gemeinsamen An«
gelegenheiten, als auch des verfafsungs«
mäßigen Organs, welchem die Behand«
lung derselben anvertraut werden soll,
so glaube ich weder gegen die Gerech«
tigkeit noch gegen die Billigkeit zu ver«
stoßen, wenn ich die Frage in ihren
äußeren Umrissen in dieser Weise for»
mulire: Da unsere Nachbarn jenseits
der Leitha die Frage in folgender Form
aufgestellt haben: „Man kann Ungarn
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Volume 42
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Szedler-Taasse
- Volume
- 42
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 356
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon