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Teimer. Martin Rochus 214 Teimer) Martin Rochus
mit dem Tode bedroht, der Wuth deS
aufgeregten Haufens nur durch schnelles
Zurückziehen in ein sicheres Versteck ent«
gehen konnte. Nun nahten am 13. April
über den Brenner, vom Pusterthaler
Landstürme lebhaft verfolgt, die Fran»
zosen unter General Bisson und die
Bayern unter Oberstlieutenant Wrede
gegen die Hauptstadt und rückten nach
Wilten vor. entschlossen, mit den Waffen
in der Hand sich einen Ausweg zu
bahnen. Aber die Tiroler hatten bereits
alle Ausgänge beseht, und Bisson mit
seinen 4000 Mann sah sich von den ihm
an Zahl weit überlegenen Landftürmlern
eingeschlossen. Ueberzeugt, daß er mit
offener Gewalt nichts auszurichten ver»
möge, versuchle er es mit Unterhand«
lungen, verweigerte aber, zunächst nur
um Zeit zu gewinnen, den Bauern die
Unterfertigung einer Capitulation, mit
der Erklärung: nur an eine österreichische
Militärautorität sich ergeben zu wollen.
Da wurde der kurz zuvor der Wuth der
Bauern entrückte Teimer hervorge«
zogen und in eine in aller Eile von dem
pensionirten Obersten Grafen Spaur
entlehnte österreichische Officiersuniform
gekleidet, nack Wilten gebracht. Nun
erst nahmen die eigentlichen Verhand-
lungen ihren Anfang. General B i sso n,
welcher Teimer für einen wirklichen
EtabSofficier hielt, bot alle seine Beredt-
samkeit auf, um wenigstens freien Abzug
nach Augsburg, selbst gegen Ablegung
der Waffen zu erringen. T. aber schlug mit
kalter Festigkeit dieses Begehren ab und
machte Miene, die Verhandlungen abzu«
brechen. I n diesem Augenblicke hatte er
auch einen Kanonenschuß vom Höttinger
Sandhügel als Signal zum allgemeinen
Angriff abfeuern laffen, denn die Unge«
duld und der Unwille der kampfbegieri»
gen Bauern, die in immer größeren Massen heranzogen, waren auf das
höchste gestiegen. Nun erst, ein Viertel
über Acht Morgens, willigte der hart«
bedrängte Bisson. der Nothlage. in
der er sich befand, weichend, in die bereits
niedergeschriebene (Kapitulation. Dieser
zufolge war die ganze französische und
bayerische Mannschaft nach Ablegung
der Waffen kriegsgefangen. Den k. k.
österreichischen Truppen im Unterinn«
thale übergeben, wurde sie von diesen
sofort nach Schwaz und von da nach
Salzburg escortirt. So war Tirol inner«
halb vier Tage, vom 9. April, dem
Tage des Ausbruches des Kampfes, bis
zum 43., an welchem die Kapitulation
erfolgte — befreit durch den Helden»
muth und die Geistesgegenwart dreier
Manner: H o f e r , Speckbacher
und Te imer , welch Letzterer, wie
aus Vorstehendem ersichtlich, einen keines«
wegs geringen Antheil an diesen Er«
folgen hatte. Die Kriegsgefangenen be«
standen: aus zwei Generalen, dem
französischen, Bisson, und dem baye«
rischen, Kinkel —einen General»Adju>
tanten des Kaisers Napoleon nahm
Teimer erst am 14. mit eigener Hand
gefangen — auS zehn Stabs-, 130 Ober«
ofsicieren. 3860 Bayern und 2030 Fran-
zosen. Erbeutet wurden: ein Adler, drei
Fahnen, sieben Geschütze, über 800 Ca.
vallerie« und Zugpferde und eine betracht«
liche Kriegscaffe. Unterzeichnet war die
Capitulation von Martin Teimer als
k. k. Major und bevollmächtigter Com»
mifsär. Daß weiters weder Bürger noch
Bauern, welche doch bei dieser Capitu«
lation die Hauptrolle spielten, sich unter»
zeichnet hatten, lag als eine Ehrensache
im Plane des Militärs, welches durch
diese Urkunde glauben machen wollte,
daß es
sich
nicht den Bauern unterworfen
habe. Von Seite der Franzosen stehen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Volume 43
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Tabacchi-Terkla
- Volume
- 43
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1881
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 320
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon