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) Ladislaus 238 i) Ladislaus
und forderte ihn auf. die drei Punkte zu
versprechen, die ihm der Baron Vay vor-
lesen werde. Er hörte sie ruhig an und
sagte: „Ueberzeugt, daß Eure Majestät
:iur das Wohl des Landes wollen, ver-
spreche ich es". Dabei rollten ihm die
Thränen über die Wangen herab. Auf
die Bitte, eS möge ihm erlaubt sein,
noch einige Zeit in Wien zu verweilen,
soll Seine Majestät erwidert haben, er
könne es damit halten, wie er wolle, nur
dürfe er die Grenzen des Kaiserstaates
nickt überschreiten. Im Vorzimmer traf
er den Beamten, der ihn in die Burg
geleitet hatte, und von dem er nun er
s icht wurde, seine präsumtive Wohnung
anzuzeigen, damit sein Gepäck dahin
gebracht werden könne. Er bestand
jedoch darauf, ins Landesgerichtsgebäude
zurückzukehren, wo er für die humane
und freundliche Behandlung, die ihm zu
Theil geworden, dankte. Später geleitete
ihn Baron Vay zum Grafen Rech
berg, wo er. von der Aufregung des
Tages ermattet, ohnmächtig niedersank,
sich aber bald erholte und ms Hotel,
„zum Römischen Kaiser" fuhr. wo er
seine Wohnung uahm. Dies ist der waho
beitsgetreue Bericht über des Grafen
Ladis laus Freilassung aus seiner
Wiener Hast. Die oben erwähnten drei
Punktewaren: erstens, daß er sick aus
der österreichischen Monarchie nicht ent-
ferne; zweitens, daß er seine Verbin-
düngen mit den ausländischen Feinden
der österreichische!! Regierung abbreche;
drittens, daß er sich vorderhand jeder
politischen Agitation enthalte. Ob der
Graf diesen drei Bedingungen, deren
Einhaltung er dem Monarchen ins An»
gesicht versprochen, auch nachgekommen,
dies zu untersuchen ist nicht unsere Sache.
Wohl aber finden wir die Rechtfertigung,
die sein Freund Moriz Lukacs nach des Grafen Ableben in der Sitzung der
Akademie versuchte, nicht im geringsten
stichhaltig und wäre hier Schweigen beffer
am Platze gewesen. Nach seiner Frei»
laffung begab sich Teleki nach Pesth,
wo die Wogen der politischen Bewegung
sehr hoch gingen. Denn alle Anzeichen
deuteten auf große politische Veran»
derungen. I n der ungarischen Haupt«
stadt. wo er seit dieser Zeit meist sich
aufhielt, war er begreiflicher Weise der
Gegenstand vielfacher Huldigungen sei-
tens der extremen Partei. Als dann am
14. Februar 1861 die Einberufung deS
ungarischen Landtages auf den 2. April
g. I . erfolgte, stellte er sich. von dem
Abonyer Bezirke des Pesther Comitats
zum Abgeordneten gewählt, an die
Spitze der äußersten Linken. Schon
hatten die Sitzungen in beiden Häusern
begonnen und wie bekannt einen sehr
bewegten Charakter angenommen, ins»
besondere als die Frage berathen wurde,
ob man die Botschaft des Königs mit
einer Adresse oder mit einem Be»
schluß, für welch letzteren die extreme
Partei sprach, beantworten solle. Es war
in den Anfangstagen des Mai, daß man
täglich eine Kundgebung des Grafen
im Landtage erwartete, indessen sein
Benehmen in den letzten Tagen sich
auffallend veränderte, indem er zer»
streutec, unruhiger und aufgeregter als
je zuvor sich zeigte. Da erschütterte am
8. Mai die Kunde, daß der Graf todt
sei. die Pesther Bevölkerung und erregte
auch weit über Pesth hinaus in Wien,
Paris, London großes Aufsehen. Als es
dann verlautete, daß der Graf erschossen
in seinem Zimmer gefunden worden sei,
fand diese Nachricht bei einem großen
Theile des Pesther Publicums, und zwar
nicht blos bei dem ungebildeten, keinen
Glauben, und wurde Teleki's Tod als
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Volume 43
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Tabacchi-Terkla
- Volume
- 43
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1881
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 320
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon