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Teutsch) Georg Daniel 87 Teutsch, Georg Daniel
sächsischen Obergymnasien Siebenbürgens
bildete. Im Sommer desselben Jahres
ging Teutsch mit dem Superintendenten
Binder nach Wien zur Förderung der
Entschädigungsangelegenheit der evcmge-
lisch'sächsischen Geistlichkeit für den auf-
gehobenen Zehnten. Während seines vier-
teljährigen Aufenthaltes daselbst lag er
auch archivalischen Studien ob im ge
Heimen Haus-, Hof» und Staatsarchiv.
I n der Residenz erreichte ihn auch die
Nachricht von seiner Ernennung zum
Rector des Gymnasiums, an welchem er
seit acht Jahren als Lehrer gewirkt hatte.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat galt
seine nächste Thätigkeit der Schule. Er
führte ihre Reorganisation durch, gründete
eine Bibliothek, schuf durch Lehrer- und
Schülerhände die Umgebung des Schul-
gebäudes in einen Garten um und brachte
noch Mittel zur Errichtung einer Turn
halle auf, die jedoch erst unter seinem
Nachfolger ins Leben trat. Hand in Hand
mit seinen Obliegenheiten im Lehrberufe
schritten seine wissenschaftlichen, meist
geschichtlichen Arbeiten fort. Als dann
mit der in neue Bahnen einlenkenden
Entwicklung der evangelischen Kirche
A. B. in Siebenbürgen eine neue Auf-
gabe an ihn herantrat, erörterte er vor»
erst die wichtigsten Punkte der kirchlichen
Frage: das Zehntrecht, die Geschichte der
Pfarrerswahlen, die Rechtslage seiner
Kirche, in wissenschaftlichen Abhandlun-
gen, und nun geschäftlich gerüstet, wie
kein Anderer, wirkte er an den bedeut-
samen organisatorischen Arbeiten der
neuen Verfassung der evangelischen Kirche
A. B. in Siebenbürgen mit, und man
kann sagen, daß er an Allem, was etwa
seit 1840 in deren Angelegenheiten ge-
schah, wesentlichen Antheil hatte, selbst zu
jener Zeit schon, als er noch nicht (vor
1861) dem Landesconststorium angehörte. Auch auf die Entstehung der gegenwärtigen
Verfassung seiner Kirche hat er den größten
! Einfluß geübt. Im Ganzen trat er för-
dernd auf, wenn es die freie kirchliche Ent-
wickelung galt, abwehrend, wo amtlicher
Diensteifer
sich zu Uebergriffen in fremdes
Recht verleiten ließ. I n politischer Hin-
sicht verhielt er sich während der Jahre
1850—1839 weniger selbstthätig, als
über die Interessen seines Volkes wachend
und dieselben, wenn es darauf ankam,
mit dem Freimuthe, der aus dem Bewußt-
sein des Rechtes stammt, vertheidigend.
Als ihm damals ein Abschnitt seiner
Sachsengeschichte eine Anklage des Staats»
anwaltes zuzog, wies das Gericht die
Klage zurück. Unter solchen Verhält-
nissen fand ihn das Jahr 1861, das dem
Siebenbürger Volke die Wiederherstellung
seiner Verfassung, der gesammten Mo-
narchie nach dem Octoberdiplom das
Februarpatent brachte. I n einem Lande,
in welchem die Nationalitäten so gemischt
sind wie in Siebenbürgen Magyaren
29-09, Deutsche 10 06, Rumänen 59'17,
Armenier 021, Juden 1 10 Procent),
galt es, die absolute Herrschaft der einen
Nation über die andere zunächst durch die
Gesetzgebung zu verhüten, denn nur auf
dieser Grundlage ist dauernder Friede
unter jedem Regierungssystem möglich,
sahen die Siebenbürger Sachsen die
Sache 1861 an und wählten schon im
November ihre Abgeordneten in die Na«
tionsuniversität und 1863 durch directe
Wahl in den nach Hermannstadt aus-
geschriebenen Landtag. Indessen war
Deutsch am 20. April letztgenannten
Jahres von der Kirchengemeinde Agneth-
'en nahezu einstimmig zu ihrem Pfarrer
gewählt worden.' Als Regalist trat er in
den Landtag 1863/64 ein, als dessen
Abgeordneter er sich 1864/65 im Reichs-
tage zu Wien befand. I n dieser Stellung,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Terlago-Thürmer, Volume 44
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Terlago-Thürmer
- Volume
- 44
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1882
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 360
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon