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Chun-SohenKein, Joseph Maria Chun-Bohenftem, Joseph Maria
ständen selbst gegen die österreichischen
Kaiser gehalten, dem Cardinals<Collegio
Zeit lassen, die Sache zu untersuchen,
welches Ihre Eminentzen auch ohne
Zweifel gebilligt haben würden". Nach
Anderen hätte Joseph Mar ia diesen
Protest nicht erst als Bischof, sondern
noch in seiner Eigenschaft als Minister des
Königs von Ungarn überreicht und wäre
dann „zur Belohnung für diesen Eifer"
von Papst Benedict zum Bischof von
Gurk bestellt worden. sErsch und
Gruber, I I . Sect., 23. Theil, S. 131).
Diese Behauptung ist jedenfalls unzu-
treffend, denn die Erzbischöfe von Salz-
burg ernannten den Bischof von Gurk,!
Papst und Kaiser bestätigten die Wahl,
und Ersterer weihte dann den Bischof.
Nachdem Joseph Mar ia in sein Bis«
thum sich begeben hatte, gründete er zu
Straßburg in Kärnthen, der Residenz der
Gurker Bischöfe, das Priesterhaus und
betraute mit dessen erster Zeitung den be>
rühmten Canonisten Gregor Zal lwein.
Bald stiftete er mehrere Benesicien, ver-
besserte die Studien und machte sich auch
als wahrer Seelenhirt um seine Diöcese
verdient. Zwanzig Jahre waltete er seines
Amtes, da wurde er am 19. November
1761 vom Capitel zu Passau einhellig
zum Bischof gewählt. Nach seiner Be-
stätigung durch Papst Clemens XI I I .
hielt er am 23. Mai 1762 daselbst seinen
feierlichen Einzug, und am 16. März 1763
empfing er auch den kaiserlichen Beleh-
nungsbrief. Aber nicht lange, anderthalb
Jahre, war es ihm vergönnt, auf seinem
neuen Posten zu wirken, doch standhaft
bemüht, den Eingriffen Bayerns in seine
geistliche Gerichtsbarkeit Schranken zu
setzen, richtete er sein Augenmerk auf
Verbesserung der Schulen, Belebung der
Viehzucht, des Handels und Fabrikwesens,
Beförderung des Flachsbaues, sowie auf Beschäftigung der Bettler und Müßig-
gänger in Arbeitshäusern. Im steten Ver
kehr mit den tüchtigsten Männern seiner
Umgebung, berieth er mit ihnen unab«
lässig die Bedürfnisse des Landes, dabei
in seinem Eifer als Seelenhirt nie erkal-
tend. Er verlieh der Stadt Pafsau die
Befugniß eines zweiten Jahrmarkts. Zur
Unterstützung der Hausarmen gründete
er die sogenannte „christliche Liebesver-
sammlung", und um ärmeren Classen
den Ankauf des Brennholzes um billige
Preise zu ermöglichen, ließ er große Holz«
Magazine anlegen. Um dem Straßen >
bettel wirksamer entgegenzutreten, er«
richtete er im Niederhause eine Straf-
anstalt für arbeitsscheue Bettler beiderlei
Geschlechts und drang darauf, daß in der
Stadt und auf dem Lande an den abge-
schafften Feiertagen gearbeitet werde. Im
Jahre 1762 gründete er zu Passau ein
Clericalseminar, das jedoch erst sein Nacb«
folger Leopold Graf Firmian vollendete,
daher es den gemeinschaftlichen Namen
Iosepho-Leopoldinuin führt. Von den
Landdekanen verlangte er Seelenbeschrei-
bungen mit Bemerkung des Familien
standes, worüber die bayrische Regierung
zu Burghausen nach München benotete;
dorthin aber hatte er selbst schon die An
zeige erstattet, daß seine Forderung sicb
nur auf Geistliches und geistliche Zustände
beschränke, wodurch die Burghausener
Beschwerde gegenstandslos wurde. Auch
war der Bischof ein Freund und Samm-
ler von Alterthümern, und seine werth-
volle Sammlung römischer Antiquitäten
kam 1803 bei der Säcularisation nach
München, wo sie im Antiquarium des
königlichen Residenzschlosses aufgestellt
ist. Mitten in Erfüllung seines geistlichen
Berufes, auf einer strengen General-
visitation seiner bayrischen Diöcese, be-
fand er sich in dem damals zu dieser
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Volume 45
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Thugut-Török
- Volume
- 45
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1882
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 324
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon