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Thurn-Valsassinll, Heinr. Matthias
Mar t in irz und S lava ta mit dem Sekre-
tär Fabr ic ius zu Prag aus den Fenstern
des Rachhauses gestürzt wurden. Nach dieser
Selbsthilfe setzten sich die böhmischen Stände
in Vertheidigungszustand, ernannten eine Re»
gierung von dreißig Personen u-nd übertrugen
dem Grafen T h u r n die Führung ihres
Heeres. Dieser eroberte daraufKrumau. drang, j
durch die Truppen des Grafen Ernst Peter
von ManSfeld verstärkt, nach Mähren vor.
nalim Brunn und wurde von allen prote« !
stantisch gesinnten Bewohnern des Landes, die !
an vielen Orten sich erhoben, mit Jubel!
empfangen. Kaiser Mat th ias bemühte sich!
unterdessen um friedliche Beilegung des Strei<^
tes, und schon sollten in Eger Unterhandlungen ^
eröffnet werden, als er vom Tode ereilt wurde. ^
Ferdinand I I . bestieg nun unter den un- '
günstigsten Verhältnissen den Tdron. Die
österreichischen Stände machten die Huldigung ^
v>>n der Abbilfe der Religionsbeschwerdrn ad» !
längig, und Thurn zog mit ''einem Heeres
u^ch Oberösterreich. um ihren Forderungen,
Nachdruck zu geben. Am 3. Juni 1619 stand ^
er bereits vor Wien, er schritt zur Belagerung. ^
und schon hatte er einige Vorstädte eroderr. i
als er auf die Nachricht, daß Mansfeld i
am 8. Juni 1619 beiBudweis von Boucquoi)
geschlagen sei und gegen Prag eile, nach
Böbmen sich zurückzog, um die Hauptstadt zu
decken. Daselbst setzte er auf der von den
Protestanten im August 1619 gehaltenen
Reichsversammlung die Ausschließung Kaiser
Ferdinands I I . vom böhmischen Tbrone 5
uno die Nahl des Kurfürsten Friedrich V.^
von der Pfalz zum Könige durch. Hierauf!
reckte er nochmals mit einem böhmischen Heere i
und 12.l)0>) Mann
siebenbürgische Truppen bis ,
Wien vor. erhielt überdies durck Peth len j
G^lbor große Verstärkung, zog sich aber in!
Folge der durch Homonay dem Nebellen
Georg N^k^czy in Ungarn beigebrachten^
Niederlage in die Heimat zurück. Nach der!
Schlacht am weißen Berge, die der Herrschaft!
Friedrichs ein Ende machte, fwb er nach
Breslau, von da nach Mähren und dann
nach Siebenbürgen ,zu Bethlen Gubor. Im
Jahre 1626 übernahm er den Befehl über ein
tlemes Kommando in Schlesien und ging, ,
als dasselbe von Wallenstein vertrieben
wurde, zu dem Könige Gustav Adolph ^
von Schweden, der mit den Polen Krieg i
füdrte. Cr zeichnete sick bei mehreren Gelegen« !
heiten durch Tapferkeit aus, begleitete den ^
König nach Deutschland und kämpfte in den i Thurn-Valsassinll) Heinr. Matthias
Schlachten 1631 bei Leipzig und 1632 bei
Lühen. Nach Gustau Adolphs Tode zum
General erboben, ging er auf Befehl des
Kanzlers Orenstierna mit einem fchwe-
dischen Corps nach Schlesien, um mit den
sächsischen und brandenburgischen Truppen
gegen Wallen st ein zu agiren. Nach langem
Streite mit dem sächsischen General Arnim
über den Oberbefehl knüpfte er mit Wallen-
stein nutzlose Unterhandlungen an und wurde
im October 1633 mit seinen 2.5W Schweden
bei Steinau an der Oder eingeschlossen und
aufgehoben. Die Nachricht von seiner Ge-
fangennehmung erregte in Nirn allgemeinen
Jubel, und schon bereitete man sich vor, dem
Anstifter der böhmischen Unruhen den Proceß
zu machen, als die unerwartete Kunde von
der Freilassung desselben eintraf, Wallen-
siein schrieb nämlich naäi Wim: „Wollte
der Himmel, die Feinde dätten lauter solche
Generäle. An der Spitze der sckweoiscken
Armee wird er uns bessere Tienne leisten alo
im Gefängniß". Der eigentliche Grund der
Loslassung Tdurn's war jedoch, daß der-
selbe Mitwisser d r^ Geheimnisse Wallen-
stein's und dessen Unterhändler bei dem
Kanzler Orenstierna war. Dieser Vorgang
des Generalissimus soll auch zunächst den
völligen Bruch des Kaisers mit demselben
bewirkt haben. Nach seiner Entlassung aus
der Haft fand Thurn. verfolgt von Arni m's
Haß, Zufluckt in Schweden, wo er in dem
eben erst eroberten Liefland das vordem den
Bischöfen von Oesel zuständige Pernau durch
die Gnade der Königin Christine als eine
Grafschaft erhielt. Im Jahre 1394 hatte er
sicr» mit einer Tochter Bernhards von Gal l auf
Losdorf und Asparn im Lande unter der Enns.
Viertel Nnter » Mannhartsberg, verkeimtet.
Sie brachte idm Losdorf in die Ehe und gebar
ihm einen einzigen Sohn. Franz Bern
hard s^. d. 3. 101. Nr. 1^ . Seine Zweite
Ehe, mit 5u!anna Elll'lllicltj von «Icuffenbüch
sBd. XI.IV, T. t>l. Nr. 3kl, blieb kinder
los. Wann Heinrich Matthias gestorben,
ist nicht bekannt. Als er im Ottober 1633 bei
Steinau aufgehoben wurde, zählte er 66 Jahre.
Korrespondenz des Pfalz grasen Fried-
rich V. und seiner Gemalin Elisabeth mit
Heinrick Matidias von Tdurn. Mitgetheilt
vonI. Fiedler (Wien 1864. Gerold.gr. «".)
bildet den XXXI. Band des „Archivs für
Kunde österreichischer Geschichtsquöllen. her-
ausgegeben von der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften in Wien". — (Stramberg).
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Volume 45
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Thugut-Török
- Volume
- 45
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1882
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 324
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon