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Koaldr 209 Koaldi
Ruhe seine Studien fort und unternahm
nach deren Beendigung über Wien, Pefth,
Semlin donauabwärts eine Reise nach
dem Orient. In ersterer Stadt besuchte
er das Haus eines 0l-. Rasp i, an den
er einen Auftrag aus Padua hatte. Es
ist derselbe Rasp i , der nachmals
wegen Verkaufes von Ordensdecora»
tionen vor Gericht stand. I n Pesth
machte er die Bekanntschaft Iubal 's,
des Erziehers der Kinder Kossuth's.
„Italiener, zwanzig Jahre alt, freiheit-
glühend und mein Vaterland liebend",
so schildert sich Toaldi selbst, mochte er
von Iuba l bald als der Mann erkannt
worden sein, den dieser und seine Partei
eben brauchten. Er wurde durch den-
selben im Hause der Schwester Kos>
suth's eingeführt, und da er von seiner
Reise nach Belgrad sprach, ersuchte ihn
die Dame, ein Packet Briefe dahin mitzu<
nehmen. Toaldi sah hierin weiter kein
Arg und glaubte der Bittstellerin eben
nur eine Gefälligkeit zu erweisen. Bei
Uebergabe der Briefe aber bemerkte
Kossuth's Schwester, er werde im
Kaffeehause einen Herrn finden, den sie
ihm näher beschrieb, und dieser werde
ihm behilflich sein, die Briefe an die
rechte Adresse in Belgrad zu bringen.
Die Zusammenkunft mit dem Manne im
Cafo fand, da T o a l d i nicht mehr
Zeit hatte, dasselbe zu besuchen, nicht
statt, und er fuhr nach Belgrad, wo er
auch die Briefe richtig an ihre Adresse
abgab. Auf seiner Heimreise hielt er sich
in Semlin auf. Als er daselbst das
Kaffeehaus besuchte, trat ein Mann auf
ihn zu, der sich ihm als Milosch Mi lu-
tinovich vorstellte, ihn unter allerlei
heimlichen Zeichen ansprach und nach den
Briefen fragte. Toaldi erwiderte, daß
er dieselben in Belgrad abgegeben habe.
Darüber wurde Milut inovich im
v. Würzbach. biogr. Lexikon. XQV. hohen Grade erregt und machte Toaldi
schwere Vorwürfe, so daß dieser in nicht
geringe Verlegenheit geriech und sich
endlich überreden ließ, mit Milut ino-
vich nach Belgrad zurück zu reisen, um
daselbst die Briefe abzuverlangen, da
Jener betheuerte, es könnten sonst der
Schwester Kossuth 's Unannehmlich«
keiten erwachsen. Während er
sich
nun
in Semlin befand, erschien Mi lut ino-
v ich wieder bei ihm, um eine Anleihe zu
machen, welche er, so wenig ihn dieser
Vorgang anmuthete, auch nickt verniet»
gerte. Hierauf setzte er seine Reise nach
dem Orient fort, kam nach Kiutahia, wo
er mit der Emigration verkehrte, ohne
jedoch an irgend einer politischen Bespre-
chung, um die er unangenehme Folgen
hätte befürchten müssen, theilzunehmen.
Nun reiste er heim. Als er aber in Pan»
csova das Schiff besteigen wollte, wurde
er verhaftet. Bei dieser Gelegenheit warf
er eine kleine Schachtel mit allerhand
angekauften Oelen, Rosenkränzen u. dgl.,
bei welchen sich aber auch ein Blatt mit
mancherlei Notizen befand, die, im Ganzen
unbedeutend, ihm doch in diesem Augen»
blick unangenehm werden konnten, in die
Donau. Er wurde in Folge dessen von
seinen Häschern mißhandelt und dann
nach Semlin gebracht. Dort stellte man
ihm oberwähnten Milutinovich gegen-
über, der
sich
als reuig zurückgekehrt, als
bekehrt präsentirte und Toaldi zu>
sprach, nur zu bekennen, daß er gleich
ihm ins Complot eingeweiht gewesen sei
und die Briefe befördert habe. Als
Toaldi widersprach, spie ihn der Spion
Angesichts des Untersuchungsrichters an
und rief: „Sie sind ein Verräther; ich
habe meine Schuld erkannt und mich vom
Herzen der Regierung angeschlossen. Sie
sehen, es gibt Menschen, die nicht o^
schlecht sind wie Sie". Das Alles ver-
30. April 1882.) ^4
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Volume 45
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Thugut-Török
- Volume
- 45
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1882
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 324
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon