Page - 288 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Toffoli-Traubenburg, Volume 46
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^ Johann Thomas 288 Crattner^ Johann Thomas
beehrte den Typographischen Palast, wie
die Ol'sicin in der Iosephstadt hieß, mit
seinem Besuche; die .Kaiserin ernannte
den strebsamen Typographen zum Hof-
buchdrucker; Leopold I I . und deffen
Brüder, welcke für die Kunst Guten-
berg's große Vorliebe hatten, ließen sich
in Trattner's Geschäft unterrichten.
Als Johann Thomas von Tratt-
nern im ?8. Jahre stand, nahm er seinen
Enkel, der gleichfalls IohannThomas
mit Vornamen hieß, zum Mitleiter seiner
Unternehmungen. Drei Jahre danach,
am 42. Mai 1798, feierte er mit seinen
Hausgenossen und dem Personale aller
Officinen den fünfzigjährigen Gedächtniß-
tag seines Dienstantrittes als Buchdrucker.
Aber dritthalb Monate später verschied
er im 81. Jahre seines thätigen Lebens.
Trattner hatte
sich zweimal verheiratet,
zuerst 4730 mit der Reichshofraths-
agentenwitwe M a r i a von Netzen-
heim, welche ihm elf Kinder schenkte,
von denen zehn jung dahin starben. Nach
24jähriger glücklicher Ehe ließ sie ihren
Gatten als Witwer zurück. Hierauf ver«
malte er sich mit der Tochter des Direc»
tors der philosophischen Facultat und
Hofmathematicus Joseph Anton Nagel
M . XX, S. 31 ^j. Aus dieser Ehe
gingen zehn Kinder hervor, von welchen
wieder nur eines am Leben blieb. Die
zweite Frau starb fünf Jahre vor ihrem
Manne. Diesen überlebte nur ein Enkel,
Johann Thomas Edler von Tratt-
nern, und eine Tochter Francisca
Taveria, welche den Reichthum des
Vaters erbte. Im Jahre 1764, bei Ge-
legenheit der Krönung Josephs I I .
zum römischen König in Frankfurt a.M.,
erhielt Trat in er den Ritterstand des
deutschen römischen Reiches, im Jahre
1790, in welchem Kaiser Leopold I I .
in Preßburg zum König von Ungarn ge- krönt wurde, den ungarischen Adel, auch
ward er 1791 zum niederösterreichischen
Landstande erhoben.
Satirisches Bild auf Trattner. Dasselbe befindet
sich als Vignette auf dem zweiten Theile von
Blumauer's Parodie der Aeneide. Der
Dichter versetzte dem Nachdrucker einen furcht-
baren Hieb: die Vignette stellt einen Hund
dar, der gierig Menschenköpfe benagt und auf
dem Halsbande den Namen „Traitner" trägt.
Trattncr al5 Nachdrucker. Hochgeehrt im In»
lande, wurde er im Auslande mit scheelen
Blicken angesehen und nicht selten beschimpft,
weil er ein — Nachdrucker war. „Seinem-
Charakter", schreibt einer seiner Biographen,
„hing ein sehr großer Flecken an, und es setzte
seine unleugbaren Verdienste sehr tief herab,
daß er das unerlaubte Gewerbe eines Nach«
druckers trieb, der unzählige Male da erntete,
wo er nicht gesäet hatte". Gewiß ist diese
Thatsache nicht zu rechtfertigen, aber Manches
wohl zu Trattner's Entschuldigung anzu-
führen. Erstens war der Nachdruck damals
in Oesterreich erlaubt und bei dem Mangel
an heimischen Kräften, welche durch ihre
geistigen Werke Licht und Aufklärung ver»
breiteten, selbst bis in die höchsten Kreise
binauf sehr gewünscht, ia durch Gesetze eines
aufgeklärten Monarchen, wie es Joseph I I .
war, gestattet. Mittels Circulars ääo. Wirrc
3. December 1784 hielt T rat in er bei Ge>
lehrten und Schriftstellern Umfrage in Bezug
auf ihre Ansicht über den Büchernachdruck.
Uns sind die Antworten von I . E. von
Born. I . uon Sonnenfels. Mich. De-
nis, Blumauer, Mastal ier, Haschka
bekannr, welche alle unbedingt den Nachdruck
verwarfen. Nichts deftoweniger entschied sich
Trattner für denselben, weil es ihm an
Werken im Inlande fehlte, wie er sie suchte,
und weil die im Auslande gedruckten damals
ungemein kostspielig und auch von der Censur
nicht immer gestattet waren, so daß er nur
censurirte Ausgaben bringen durfte. So wenig
nun der Nachdruck unter allen Umständen zu
rechtfertigen ist, so greift doch bei Trat tner
noch die Entschuldigung Platz, daß ja oft diö
Werke, die er nachdruckte, in ihrer ursprüng-
lichen Form in Oesterreich gar nicht verkauf»
lich waren. Und warum will man das, was
er vor einem Jahrhundert zum Besten der
Ieser und der Autoren, die dadurch erst recht
bekannt wurden, gethan, so mir nichts dir
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Toffoli-Traubenburg, Volume 46
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Toffoli-Traubenburg
- Volume
- 46
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1882
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 330
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon