Page - 69 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Volume 48
Image of the Page - 69 -
Text of the Page - 69 -
Tschuggmüll Tschukly
seine Freude zu erkennen; alle Bewegungen
sind dabei graziös, man will kaum glauben,
daß die Figur nicht wirklich lebe. 2. Ein
Automat (Madame Blondin) führt, frei auf
das Seil gesetzt, die schwierigsten Touren aus
und macht Saltomortale, die kein lebender
Akrobat nachzumachen wagen würde. Ein
Bajazzo, der ibr in diesen Künsten secundirt,
steigert den Reiz dieser Figur. 3. Ein Automat
<der alte Wiener Kellner) hält in der Rechten
eine Flasche mii Rothwein, in der Linken ein
Trinkglas, schenkc sich ganz natürlich das Glas
voll und trinkt es ebenso natürlich aus, dabei
die drolligsten Gcberden machend. Bajazzo,
welcher den Wein wittert, kommt hinter der
Coulisse mit dem Trinkglase hervor und sucht
durch Schmeicheleien auch etwas vom Herrn
Kellner zu erhalten, der sich aber nicht dazu
bewegen läßt. Aergerlich darüber, versetzt er
dem Neidischen einige Ohrfeigen. Dieser ver«
läßt seinen Platz, winkt und nun erscheint,
ebenfalls mit einer Flasche. Wein, seine
Kellnerin, welche mit oem Bajazzo coquettirt
und sich durch dessen Schmeicheleien bewegen
läßt, ihm einzuschenken, was immer wieder
geschieht, wenn dieser das Glas leer getrunken.
Die lebenswahren Bewegungen, die komischen
Stellungen reizen unwillkürlich den Zuseher
zum Lachen. 4. Der Bajazzo, der auf das
Seil gehoben wird. Frei auf demselben sitzend,
bewegt er sich anfangs höchst unbehilflich.
Durch Mimik verlangt er eine andere Musik,
gibt selbst den Tact dazu an und beginnt nun
aufs Neue sein Spiel, dieses Mal aber mit
voller Sicherheit und Waghalsigkeit. Die
Saltomortale sind so tauschend und schnell,
daß ihnen das Auge kaum zu folgen vermag,
ü. Piero, der Italiener, wird vom Herrn
gerufen, den Bajazzo vom Seile zu heben
und fortzutragen. Die Scene, die sicl, nun
zwischen dem andringenden Piero und dem
sich widersetzenden Bajazzo in den komischesten
Wendungen. Stellungen und Sprüngen ab«
spielt, ist höchst ergötzlich. 6. Ein kleiner
(5ircus mit Pferden und Kunstreitern. Die
Pferde machen ihre Bewegungen genau nach
der Natur, laufen nach dem Tacte der Musik,
und die Kunstreiter vollführen auf ihnen alle
Kunststücke wie in einem-, wirklichen Circus.
?. Der kleine Tiroler, wohl der lieblichste
aller Automaten und so natürlich, daß man
ihn für einen lebenden Menschen halten möchte.
In seinen Leistungen ist dieser niedliche Auto«
mat das wahre n,on i>lu3 nitra,. 8. Die
Metamorvhosen bestehen aus der Ninterland< schaft, dem Schwanenteiche und dem Tempel
Minervas. Unter diesen Gegenständen ragt
der Teick hervor, auf welchem zwei Schwärn'
in ihren Bewegungen von wirklicken Schwänen
nicht zu unterscheiden sind. Die Ninterland'
schaft zeigt einen großen durch Schlittenfahrten
und Schlittschuhläufer belebten Platz, auf dem.
es nicht an komischen Scenen fehlt. Allmalig
bricht der Abend herein, der Mond erscheint
am Himmel und beleuchter mit magischem
Lichte die Landschaft, die Fenster werden all'
mälig hell u. s. w. Das Hauptgeheimniß
der Mechanik liegt bei vielen Figuren im
Seile. Hätte Tschuggmall von frühester
Jugend die sorgfältigste Erziehung und einen
zweckmäßigen theoretischen und praktischen
Unterricht genossen, so würde ihm die Dar^
stellung seiner kleinen Automaten schon einen
ehrenvollen Platz neben den ersten Meistern
in diesem Zache sichern, so aber gedön er
in die Classe jemr seltenen Talente, welche
Alles, was sie sind, nur sich allein, d. h. ihrem
natürlichen Genie zu verdanken haben. Zam-
boni, der berühmte Physiker in Verona, ein
in dergleichen gewiß comvetenter Nichter,
gerieth aus einer Verwunderung in die andere,
als er Einsicht nahm in den inneren Mechanis-
mus dieser Figuren, bei denen keine Elektri«
cität, kein Magnetismus mit wirksam war.
„Ich zolle", erklärte dieser Fachmann schrift-
lich, „dem unvergleichlichen Genie des Erfinders
den feierlichen Tribut meines vollsten Beifalls
und meiner Achtung".
Ein I . Tschuggmall, vielleicht ein Sobn
oder doch naber Verwandter des obigen
Mechanikers, gab folgende für Forst' und
Nebencultur nicht unwichtige Schrift heraus:
„Das Holz und seine Bewahrung vor Faul«
niß durch künstliche Mittel, mit besonderem
Augenmerk auf das Weingartholz. Ein kurzer
Leitfaden zum näheren Verständnisse der Holz-
imprägnirung für den denkenden Landwirth"
(Bozen 1852, Moser, gr. 8".).
Tschllkly, Michael (C o m p o n i st,
geb. in U n g a r n im Jahre 1800, gest.
zu W i e n am 23. Juli 1866). Ungar
von Geburt, widmete er sich der Musik
und kbte zuletzt als sehr gesuchter
Clavierlehrer in Wien, wo er auch,
66 Jahre alt, starb. Von seinen Clavier-
composltionen, welche zeitweise erschienen,
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Volume 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Volume 48
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Volume
- 48
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon