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Türr 97 Türr
dies kein Märchen, sondern eine erhärtete
Thatsache, die wohl mit Napoleon's
damaliger Suche nach einem ungarischen
Kronprätendenten, den er auch für einige
Zeit in dem berüchtigten Franz Claude
August Grafen Croy > Chanel de H o n-
grie Md. XI, S. 382^ gefunden, in
einigem Zusammenhange stehen mag.
Nun aber, dieses königliche Intermezzo,
als dessen Held Türr figurirte, war von
kurzer Dauer, denn plötzlich verließ er
Bukarest — man wollte wissen in Folge
dringender Intervention des englischen
Consuls in Turin. Für ein paar Jahre
zog er sich nun, wie es schien, vom öffent-
lichen Leben zurück, wenigstens sprachen
die Journale nicht von ihm. Da trat er
1867 wieder, und zwar in sehr bemerk-
barer Weise in den Vordergrund, indem
er im Herbst genannten Jahres mit seiner
Gemalin eine Reise, wie es sich später
herausstellte, als politischer Agent, nach
Ungarn machte und von dort aus Wien
und Agram besuchte. Die Meldung einiger
Journale: daß man vor seiner Reise
nach Ungarn Garantien oder wenigstens
Versicherungen gefordert habe, daß er
wirklich im österreichischen Sinne wirken
werde, entkräftete T ü r r mit einem
eigenen aus Florenz 28. October 1867
datirten Schreiben, in welchem er die
ganze Mittheilung für eine Verleumdung
erklärte. I n Pesth besuchte er den Mi-
nister Wenckheim, dem gegenüber er
den Wunsch aussprach, eine persönliche
Zusammenkunft mit dein Ministerpräsi-
denten Grafen Andrassy erlangen zu
können. Dieser gewährte ihm die-
selbe, und Türr begab sich deshalb nach
Wien. Ueber den Inhalt der Unterredung
ist nichts bekannt geworden. Dagegen
berichten die Blätter über sein Verhalten
beim Banquett, welches ihm und seiner
Gemalin zu Ehren auf der Pesther Schieß-
v. Wurzbach, biogr. Lexikon. 51.VIII. ^G statte veranstaltet wurde. Nachdem er
für die begeisterten^ ljen, die man ihm
darbrachte, gedankt hatte, ermähnte er
in einer Rede die Nationen der ungari-
schen Krone zur innigen Verbrüderung,
welche der einzige feste Grundstein sei,
auf welchem die schönere Zukunft Un-
garns aufgebaut werden könne. Nach
Agram war er gegangen, um im Auf-
trage der Deäk-Partei für den Ausgleich
mit Ungarn zu wirken. Bei dem großen
Dincr, welches der Eigenthümer der
„Agramer Zeitung" ihm zu Ehren
gab, machte er Mittheilungen, welche
mit großer Befriedigung aufgenommen
wurden. Sie gipfelten in der Versiehe-
rung, daß Ungarn nicht die Knechtung
des dreieinigen Königreichs beabsichtige,
sondern vielmehr mit Croatiens Vertre-
tung als Nation mit Nation verhandeln
und alles Mögliche thun wolle, um
den beklagenswerthen Verfafsungswirren
endlich einmal ein Ende zu machen. Noch
ist seines aus Pallanze am l2. November
1867 an das Pesther Journal „Hon", d. i.
Vaterland, gerichteten Briefes zu ge-
denken, in welchem er den Plan der Er»
richtung einer ungarischen Landwehr
anregt. Derselben soll die Organisation
der Militärgrenze zu Grunde gelegt
werden. Welche Hintergedanken der Rath-
geber mit dieser Idee barg, wurde damals
von einigen Journalen ziemlich offen
dargelegt und dazu bemerkt, daß mit der
Durchführung der allgemeinen Wehr-
pflicht in Oesterreich diese von Türr an-
geregte Frage als erledigt anzusehen sein
dürfte. Im folgenden Jahre 1868 be-
schäftigte ihn das Verhalten des Lem-
berger Landtages in staatsrechtlichen
Fragen und veranlaßte ihn zu einem
Schreiben, welches er am 29. August
g. I . an einen hervorragenden Politiker
Galiziens von seinem Sommeraufenthalte
dr, l0 Juni 1883.)
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Volume 48
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Volume
- 48
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon