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^ Joseph Ernst 123 Tunner, Joseph Ernst
vorging. Wie bedeutend der Künstler
bereits in den Dreißiger-Jahren gewesen,
erfahren wir aus einem uns vorliegenden
Briefe des gefeierten Nestors der religiösen
Kunst in Deutschland Eduard von
Steinte, welcher anläßlich eines Bildes,
das im Jahre 1833 sich im Besitze von
Schikh in Wien befand, wörtlich schreibt:
„Dieses Bild überraschte mich so sehr
und sprach mein Inneres dermaßen an,
daß es mir lange Zeit, nachdem ich es
gesehen, immerwährend vorschwebte. Ich
kann es nicht sagen, welchen Trost mir
dieses Bild gewährte, indem ich in dem-
selben so klar und deutlich jene Gediegen-
heit und Tiefe, die uns in den alten
- Meistern so ehrwürdig entgegentritt,
wieder aufleben sah; und ich glaube
ganz gewiß, dckß dieses Bild zu den
wenigen gehört, die dem so häufigen
Plunder unserer leichtsinnigen Zeit gleich«
sam einen Todesstreich versetzen und über
denselben ein fürchterliches Urtheil aus'
sprechen. Gepriesen fei der Herr, der
auch in der Kunst, die als ein Licht in
seinem Hause zu leuchten bestimmt ist,
Kräfte sich entwickeln läßt, die gleichsam
dem Feinde auf den Nacken treten und
seine Werke zu nichte machen. Zugleich
aber freut es mich auch sehr, daß der
Besitzer des Bildes den Werth desselben
so sehr anerkennt und es so sehr liebt,
daß er sich nicht getraute, es auf die
heurige Ausstellung (l833) zu geben, in
Furcht, es möchte bei Leuten Gefallen
finden, denen er es seiner Stellung nach
nicht ausschlagen könnte". Wie bescheiden,
wie in seinem Schaffen als Künstler und
Lehrer und in seinem glücklichen Familien-
kreise alles Genügen findend Tunner
war, beweist die Thatsache, daß die Brust
des Mannes, der als Maler von solcher
Bedeutung ist, kein Orden des Auslandes
und der Heimat schmückte. Es könnte Leute geben, die sich von den niederen
Preisen, welche der Künstler für seine
Bilder erhielt, dürften verleiten lassen,
auf seine künstlerische Bedeutung zu
schließen. Das wäre in der That der
falscheste Schluß! Nicht nur, daß ihm für
seinen Antonius die respectable Summe
von 3009 fi. bezahlt wurde, nicht nur
dieser Umstand spricht für den Kunstwerth
seiner Arbeit, man muß es auch beson>
ders betonen, daß er nicht Nuditäten für
reiche Mäcene, sondern meist Altar» und
Heiligenbilder für arme Gemeinden malte,
denen er nicht selten die Gemälde schenkte,
oder doch nur so gering berechnete, daß
Leinwand, Farbe, Blindrahmen und
das Uebrige mit der verlangten Summe
gedeckt war. Da Tunner todt ist und
wir Wastler's steirisches Künstlerlexikon
genau kennen, so glauben wir nicht zu
viel zu sagen, wenn wir Tunner den
bedeutendsten Maler Steiermarks nennen,
da uns aber dadurch doch sein hoher
Werth nicht genügend bezeichnet ist,
noch hinzufügen, daß er zu den bedeu»
tendsten religiösen Malern unserer Zeit
zählt. Schließlich noch ein Weniges über
des Künstlers Familienverhältnisse. Tun»
ner vermalte sich im Jahre 1842
mit Marie, der Tochter seines älteren
Bruders Peter, eben desselben, der ihn
vom Wege der Kunst auf jenen der
Technik hinwies, und Schwester des be-
rühmten Geologen und Bergmannes
Peter Tunner, dessen Lebensskizze
S. 127 mitgetheilt ist. Aus dieser Ehe
entsprangen vier Töchter, deren zwei im
zartesten Alter starben, über die beiden
anderen, Marie und Sy lv ia , ver-
gleiche den besonderen Artikel S. 124.
Die Witwe mit ihrer Tochter Sy lv ia
lebt in Gratz. Der Künstler, dessen Tod
bei der hohen Achtung, welche er in
allen Kreisen der Gratzer Bevölkerung
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Volume 48
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Volume
- 48
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon