Page - 51 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Ullik-Vassimon, Volume 49
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Nnger, Franz Anger, Franz
Durch christliche Liebe und Duldung
mache sie ihre Eroberungen, und im Ge>
biete der Ethik gründe sie ihr Reich".
Unger's Biograph schreibt: „Diese
Rede ist die „„Thronrede der Wissen»
schaft"" genannt worden, und man er>
klärte es für ein verfehltes Beginnen, die
Geisteseinfalt der bäuerlichen Kaste gegen
die Bildung der Städter ins Treffen führen
zu wollen, denn es wird sich nur zu bald
zeigen, daß die .Bauern über ihren wahren
Vortheil früher aufzuklaren, als die
Städter zu ihrem entschiedenen Nach»
theile zu verdummen sind". I n der That
war die Wirkung dieser Rede eine über-!
raschende: wahrend ein kleiner Theil der
Mitglieder, sich verletzt fühlend, aus dem
Vereine schied, antwortete die Bevölke«
rung von Gratz mit einem Masseneintritt
und gab Zeugniß dafür, daß sie den
Protesten der Zeloten entgegen für die^
Freiheit der Wissenschaft stimme. Auch!
derVolksbildungsverem ernannte Nnger
in Würdigung der Verdienste desselben!
zu seinem Präsidenten. Leider sollte Un- !
ger'ä Wirksamkeit als solcher nicht von!
Dauer sein. Nebenbei beschäftigte ihn
sein Unternehmen, Lesina zu einem klima»
tischen Curoit zu gestalten, während ihm >
die Neubesetzung der Lehrkanzel, welche!
er so viele Jahre ruhmvoll bekleidet
hatte, mancherlei Verdruß bereitete, denn
sein Nachfolger Karsten, den übrigens!
in nicht zu ferner Zeit die Nemesis ereilte,
hatte nichts Angelegentlicheres zu thun, ^
als in seinen Collegien Unger öffentlich ^
in den Staub zu ziehen, obwohl dieser!
selbst, wenn auch viele seiner Collegen!
sich gegen Karsten's Berufung energisch !
erhoben hatten, nie dessen Bewerbung ^
feindlich entgegengetreten war. Was ^
aber Unger's wissenschaftliche Thätigkeit ^
betrifft, so wendete dieselbe ebenso un-l
erwartet, als überraschend sick einem' neuen Gebiete zu, als er im Jahre 1869
mit Beihilfe seines Sohnes sich damit
beschäftigte, die Münzen von Pharia zu
bearbeiten, womit er nicht nur der Nu<
mismatik, sondern auch der alteren
Culturgeschichte einen Dienst zu erweisen
hoffte. Und noch eines Umstandes sei
gedacht. I n seinen alten Tagen begann
Unger mit allem Gifer die Landschafts-
malern zu üben. Er war von früher her
ein geschickter Zeichner und hatte an
Kuwasseg's schon erwähnten Bildern,
wenn auch nickt mit dem Pinsel, so doch
mit dem Geiste einen nicht unwesentlichen
Antheil. Nach Kuwasseg verstand er
es auch den Maler Selleny Mand
XX.XIV. S. 38^ für seine Idee zu ge»
winnen, welcher, von ihm angeregt, die
zwei originellen Bilder: „Präadamitische
Landschaft" (Motiv von Euböa) und
„Aus der Steinzeit. Todtenmal" malte
und beide ihm verehrte. Nun aber ver-
suchte der damals 63jährige Gelehrte,
der früher schon von seinen Reisen wohl»
gefüllte Zeichenmapven heimgebracht
hatte, einige Skizzen in Aquarell auszu-
führen und verlegte sich zuletzt, als ihm
dies nicht genügte, auf die Oelmalerei.
Und tagelang saß er nun, Studien
machend, in der Akademie und brachte es
auch in unglaublich kurzer Zeit dahin, an
die Ausführung seiner Skizzen zu gehen.
Sind seine Bilder auch keine Meister-
werke, so zeigen sie doch von eingehendem
Studium der Natur und von dem tiefen
Verständniß, mit dem er die charakteristi-
schen Momente einer Landschaft heraus»
zugreifen wußte. So verlebte er, theils
selbst schaffend in Kunst und Wissenschaft
theils anregend und fördernd, im Kreise
seiner Familie ein im Ganzen unge»
trübtes Alter. I n den ersten Tagen des
Februar 1870 zwang ihn eine Erkältung,
mehrere Tage im Bette zu bleiben. Scbon
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Volume 49
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Ullik-Vassimon
- Volume
- 49
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon