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Anger, Franz 5
fĂŒhlte er sich so weit wohl, daĂ er am
12. Februar dasselbe wieder verlassen
konnte. Wahrend des Tages empfing er
den Besuch mehrerer seiner Freunde, des
Abends unterhielt er sich bis zehn Uhr
mit seiner Familie. Sonntag Morgens
â es war der 13. Februar â wurde er
todt in seinem Bette gefunden. Am
Kopfe zeigten sich mehrere leichte Wun-
den, auĂerdem am Körper noch mehrfache
Verletzungen; auch waren am Boden,
weniger im Bette Blutspuren. Diese
UmstÀnde erweckten anfangs die Ver-
muthung, Unger könnte unter den
HÀnden eines Mörders sein Leben aus-
gehaucht haben. Und nun folgte das
widerlichste Nachspiel, das man sich
denken kann. Er muĂte gemordet sein,
selbst MÀnner der Wissenschaft entblö-
deten
sich
nicht, Mord fĂŒr die wahrschein-
liche Todesursache zu halten. Nun suchte
man nach dem Mörder, zog von Familien^
VerhĂ€ltnissen rĂŒcksichtslos den Schleier
und klĂŒgelte und combinirte Alles so fein
zusammen, daĂ man ohne Bedenken den
Mörder schon mit Namen nannte. So
ging es fort. Die Presse benutzte das
dankbare, Thema, und es flogen die Nach-
richten hin und wieder, Alles, was bei
vorurtheilsloser PrĂŒfung klar vor Augen
lag, verwirrend, verdunkelnd. Die Ge-
richte schritten ein, das gerichtsÀrztliche
Gutachten lautete auf Wahrscheinlichkeit
eines natĂŒrlichen Todes, ohne die Mög-
lichkeit gewaltsamer Todesursache aus-
zuschlieĂen, da sich an der Stirne und
an der rechten Halsseite Quetschver-
letzungen vorgefunden hatten. Die Wiener
FacultÀt gab endlich nach Einsicht sammt-
licher Gerichtsacten einstimmig das Super-
Ă€rbitrium auf natĂŒrlichen Tod. Un»
qer war einem Stickstuffe erlegen. Am
l8. October 1836 hatte er seine Braut
Joseph ine Sand zum Altare gefĂŒhrt. 2 Anger, Franz
Sein erprobter Freund und Jugend'
genösse, der Dichter Karl Gottfried von
3 eitner war sein BrautfĂŒhrer. Unger's
Biograph bezeichnet dessen Gattin als
einen Friedensengel, als ein Muster
treuer AnhÀnglichkeit und verstandvollen
Ausgleiches. Sie schenkte ihrem Gatten
drei Kinder. Das Ă€lteste starb frĂŒhzeitig;
der Sohn Theodor wurde 1840, die
Tochter Paul ine 1832 geboren. Das
Familienleben Unger's, kleine Disso»
nanzen, die es denn in jeder Familie ab
und zu gibt, abgerechnet, war ein un»
getrĂŒbtes. I n Unger's schriftstellerischer
ThÀtigkeit, die in ihrer Gesammtheit eine
groĂartige ist, unterscheidet dessen Bio»
graph Oi-. Reyer acht Gruppen: die
naturp h ilo sop h isch e, die dem frĂŒÂ«
heften Mannesalter des Autors angehört
und mit 1832 abschlieĂt; die anato»
misch-physi ologische, welche in den
Jahren 1832â1838 die ausschlieĂliche
Herrschaft gewinnt, sich aber neben der
nÀchstfolgenden palÀontologischen
bis 1864 fortsetzt; die Schriften letzterer
Gruppe stellen dar die Untersuchungen
und Bestimmungen seiner Funde in den
verschiedensten foss i len LagerstÀtten
Oesterreichs, Deutschlands, der Schweiz,
Italiens, Griechenlands, Schwedens und
Islands, des Taurus, Sibiriens, Htam»
tschatkas, Australiens, Tera's, Chile's
und Neuseelands. Hunderte von Schliffen
fossiler Hölzer fertigte er mit eigenen
HÀnden. Die fossile Flora der TertiÀrzeit
hat an ihm ihren ersten und auch ein-
gehendsten Bearbeiter gefunden. Zur
geograph isch-historischen Gruppe
zÀhlen seine Geschichte der Pflanzenwelt,
die geologischen Vegetationsbilder und
die Geologie der europÀischen Wald«
bÀume; in diesen Schriften finden sich
schon 1832 Anschauungen und Lehren,
welche Unger, wie in der vorstehenden
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Volume 49
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Ullik-Vassimon
- Volume
- 49
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der UniversitÀts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon