Page - 124 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Ullik-Vassimon, Volume 49
Image of the Page - 124 -
Text of the Page - 124 -
Urban, Gregor 124 Rrban. Iohaün
feindliche Gewehrkugel den linken Ellbogen!
zerschmetterte. In demselben Momente brach !
neben ihm Lieut nant Robert Ritter von
Wol fs l ron , durcl, einen Schuß in den
Unterleib getroffen, zusammen. Urban, ter
eigenen Verwundung nicht achtend, hing das
Gewehr mit dem Riemen über die Schultern,
faßte den Gefallenen mit dem rechten Arm um
die Brust und schleppte ihn etwa 2ft0 Schritte
seitwärts in den Wald. Hier angelangt,
wurde er von zwei preußischen Infanteristen
mit dem Bajonnet attaquirt; er ließ den
Ofsicier zur Erde gleiten und feuerte mit dem
Gewehre einen der Preußen nieder, von dem
anderen erhielt er zwei Bajonnetstiche, stieß
ihm aber gleichzeitig das eigene Bajonnet
durch den Leib. I n diesem Momente wurde
der tapfere Corporal von hinten am Halse
gepackt — drei Preußen gegen einen Oester»
reicher, der einen schwer verwunderen Ofsicier
vom Kampfplatze brachte! — und nach rück«
wärts gezerrt, wodurch das Gewehr seinen
Händen entglitt. In diesem kritischen Augen»
blicke zog er seinen Unterofsicierssäbel und
hieb mit demselben aufs Gerathewohl über
seine Schultern, fühlte sich auch sofort befreit
und rasch sich wendend, stand er einem preu<
ßiscben Officier, der im Gesichte stark blutete,
gegenüber. Beide kämpften nun mit der
blanken Waffe. Urban erhielt zwei Hieb«
und drei Stichwunden, überwältigte aber
seinen Gegner, der, in die Brust gestochen,
todt zusammenstürzte. Da nahm der Wackere
den Lieutenant von Wolfskron nochmals
auf, aber nach wenigen Schritten durchbohrte
dessen Brust eine Kugel, welche auch den
Korporal verwundete, der, neben seinem ver«
hauchenden Lieutenant zusammenbrechend, zu
guter Letzt noch durch ein in der Nähe e,rplo»
direndes Hoklgeschoß an der rechten Hand
und Hüfte blrssirt wurde. Aus vier Schuß«,
sieben Hieb» und Stichwunden blutend, blieb
er bis zum 29. Juni auf dem Kampfplätze
liegen, wo er endlich von einer preußischen
Patrouille gefunden wurde, die ihn in das
Feldlazarett) zu Nachod schaffte. Später kam
Urdan als Realinvalio in das Wiener In .
validenhaus. l(Hoff inger I . v.). Lorbeern
und Cypressen uon 1866. Nurdarmee. Dem
Heere und Volke Oesterreichs gewidmete
Blätter der Erinnerung (Wien 1868, Pcandel,
8".) S. 3? u. f.) — 4. Gregor Urban
lebte zu Beginn dieses Jahrhunderts; Schuster
seines Zeichens, übte er sein Handwerk in
Vudweis. Er ist nicht der erste Schulter, der außer der Ahle auch den Federkiel ergriff,
verdanken wir doch dem ehrbaren Hans
Sachs solche geistige Genüsse, daß sich heute
noch die ernstesten Literaturhistoriker mit der
Redaction seiner Werke befassen. Ein Schuster
aber, der bei seinem Leisten bleibt und über
sein Handwerk schreibt, tritt uns in Gregor
Urban entgegen, und Enge lman 's „Vi-
dliottieoH meäieo-oliirui'Kio» et »UHtoinioo-
xti^sioloFiea" (1348) bringt ohne Anstand
das Werk des in Rede Stehenden: „Wissen-
schaft der äußeren Fußpfieg»' oder Anweisung,
wie die Füße nicht durch üblen Gang und
schlechte Schuhmacherarbeit zu verderben
sind" (Wien 1817. gr. 8°) in die Reihe
Wissenschaf licher Werke. Um einen Grad
tiefer steigt der Budweiser Schuster mit seiner
Schrift: „Praktische Bemerkung über Stiefel,
wichs und Stiefelwichser" (Neuhaus in Böh<
men 1818, Ios. Nandfraß), u ld wei:n er
auch diesen Gegenstand nicht wie den vorigen
als Wissenschaft behandelt, so bleibt er doch
dem wissenschaftlichen Principe möglichst treu,
da er gleich im Vorwort sagt: „Eine Sache
wird dann gut und zweckmäßig genannt,
wenn sie das, was sie beabsichtigt, leistet"
(„Zweck" und „leisten", man sieht. Schuster
Urban bleibt auch in seiner Schreibweise
bei seinem Leisten). Nun aber versteigt er sich
zur Metaphysik, indem er wörtlich schreibt:
„Es ist eine freche Anmaßung und schamlose
Charlatanerie, wenn Wichsfabrikanten unbe<
dingt, ohne die Idiosynkrasie des Leders
zu kennen, Wundercuren uon den Stiefeln
verheißen oder keck eine förmliche Nasserscheu
(witzige Umschreibung für Wasserdichtigkeit)
durch ihre Composition hervorbringen zu
können, prahlen...". Der Autor spricht von
einer Idiosynkrasie des Leders!! Das geht
über Hegel und Rosenkranz! Man sieht,
der Mann hat Methode und geht in seiner
Behandlung des Stosses rationell vor. Uebri«
gens war auch Urban, der vor mehr als
60 Jahren lebte, schon von dem Einflüsse der
Reclame überzeugt, denn als Motto setzt er
seiner Schrift, die wohl heute eine bibliogra-
phische Seltenheit sein möchte, die Verse vor:
„Will dein nettes Füßchen rein, > dauerhaft
und dennoch fein > Wie es sich gebührt, be«
kleidet scin, I Kehre zu dem „großen Stiefel"
ein. ! Sein Sclnld hieß nämlich „zum großen
Stiefel in Budweis". Das waren denn noch
gute Zeiten, heutzutage würde der große
Budwciser Stiefel von den (Ilechonen zerrissen
werden. — 5. Johann Urban von Do»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Volume 49
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Ullik-Vassimon
- Volume
- 49
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon