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Pacano, Emil Mario 163 Vacano, Emil Mario
seine Lebensschicksale nichts zu berichten.
Während Vacano nock lebt, wird er
bereits als Novellenfigur verarbeitet, so
von Sacher-Masock in deffen „Miß
Ella" u. v. A. Ich kannte genau des
Dichters Vater, einen schlichten, ernsten,
wortkargen, aber nickt unzugänglichen
Mann von mittlerer Größe und gedrun-
gener Gestalt. Einen Sommer hindurch
fuhr icb mit ihm sehr oft von Ober-
St. Veit, wo wir Beide wohnten, im
Omnibus nach Wien. Im Gespräcke
bracbte ich da öfter die Rede auf den
scbon damals schriftstellernden und oft
genannten Sohn, dow verhielt sich der
Vater über diesen Fragepunkt wenn nicht
geradezu abwehrend, so doch sehr zurück»
haltend, so daß es fast scbien, als walte
zwischen Beiden eben kein volles Einver»
nehmen. Der Vater war Catastral-Ober»
inspector über Galizien und die Buko-
wina, und in diesen beiden Ländern ver>
lebte der Sohn, dem sich. die Liebe der
Eltern in vollem Maße zuwandte, seine
Jugend. Schon von den Knabenjahren
an war sein innerster Drang auf das
Kloster und eine gewisse innere Vertie»
fung, wie man sie bei frühreifen Kindern
oftmals antrifft, gerichtet, und in einem
Capucinerkloster erhielt er auch seine erste
Bildung. Die Eindrücke, die er dort
empfing, sind auch in seinen spateren
Jahren nicht erloschen. Er schwärmte
auch für das klösterliche Leben, und talent»
begabt, wie er war, lernte er leicht und
gut in den lateinischen Schulen, in denen
er die lateinischen Kirchenväter zu lesen
begann, welche Manches enthalten, was
eine jugendliche Phantasie gar mächtig
erregen kann. Mitten aus diesen klöster-
licben Studien trieb ihn ein Zufall aus
den galizischen Gegenden in die Moldau
hinunter, wo ihn plötzlich ein lustiges
Circusleben umgab. Er war kaum ein vollwüchsiger Knabe, aber dieses für das
Auge verführerische Treiben hatte es ihm
angethan, er ging unter die Seiltänzer,
wirkte bei verschiedenen Truppen mit
und fand endlich Engagement im Circus
Guasso, mit welchem er die Moldau,
die Walachei und Oberitalien durck»
wanderte. Er führte in dieser Truppe
den Namen Mi lo V a n o z z a. Nun ge-
schah etwas Besonderes. Er mocbte im
fünfzehnten oder sechzehnten Jahre
stehen, als ihn ein gewisser Henr i ,
welcher eine kleine Gesellschaft besaß,
dem Publicum als Schulreiterin, und
zwar unter dem Namen Sangumetta
vorführte. Dieses Miß-Ellathum wurde
aber bald entdeckt, und nun ging mit
dem Jünglinge eine völlige Veränderung
vor sich. Das Vagabundenleben der
Circusreiter und Seiltänzer hatte er
endlich genug, er gab es auf und trat
wieder in ein Kloster, aber nicht um
Ascetik zu treiben, sondern einstweilen
nur als Kostgeher. Martin Perels,
ein freilich nicht ganz zuverlässiger, aber
in manchen Dingen wohl unterricbteter
Gewährsmann, erzählt, Vacano sei im
November 4839 Statist am Wiener Hof»
burgtheater gewesen, habe aber dasselbe
nach einem unbedeutenden Remontre
mit Meister Fichtner bei Gelegenheit
der Schillerfeier verlassen. Bald darauf
betrat unser Dichter die Schriftsteller«
laufbahn, und zwar zunächst mit kleinen
Artikeln in Zeitungen, 1861 aber schon
mit seinem ersten .selbständigen Werke
„Mysterien des Welt- und Bühnen-
! lebens", in welchem er mit ganz unver-
frorenem Freimuthe die Personen bei
ihrem wahren Namen nennt. Dergleichen
Stoff findet immer sein Publicum und
der Verleger dabei seine. Rechnung, und
^ so blieb Vacano, von Letzterem zu
^ immer neuen Arbeiten aufgefordert, unter
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Volume 49
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Ullik-Vassimon
- Volume
- 49
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon