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Veith, Johann Emanuel 83 Deith, Johann Emanuel
seiner Conversion ist nicht bekannt; er
selbst bemerkte wiederholt: „Ich habe
mich einundzwanzig Jahre lang mühsam
durchs alte Testament ins neue arbeiten
müssen". I n seinem Berichte über Cle»
mens Maria Hoffbauer — man ver-
gleiche dessen Lebensbild (S. 268) von
Sebastian Brunner — befindet sich
noch die Notiz: „Ueber die Art und
Weise, wie ich zur Bekanntschaft des
seltenen Mannes gelangte, bin ich nimmer
im Klaren. Ich weiß nur, daß früher
schon, ohne mein Hinzuthun, eine ent-
schiedene Wendung zum positiven Glau>
ben in. mir vorgegangen war; es ist
jedoch meine Sache nicht, von subjektiven
Erlebnissen zu reden". Jedenfalls übte
Hoffbauer, als sich Beide einmal
kannten, viel Einfluß auf ihn, und war
er nicht blos der eigentliche Veranlafser,
daß Veith in den Orden trat, sondern
vielleicht noch mehr, der Wegweiser auf
die Bahn, auf welcher dieser später so
großartige Erfolge erreichte. „Hof f '
bauer empfand sehr tief, daß die
Neuzeit neuer Form der Heilspredigt be
dürfe; oft, sehr oft, ja fast alltäglich ver
nahm ich — so schreibt Veith — von
ihm die feierlich und nachdrücklich aus-
gesprochenen Worte: „ „ Das Evangelium
muß ganz neu gepredigt werden"". Daß
H o f f b a u e r , dieser merkwürdige
Menschenkenner, der Allen, die mit ihm
verkehrten, bis in die Seele blickte, ge>
rade Veith dazu berufen fand, davon
erzählt dieser in seiner Bescheidenheit
selbst nichts, aber er hatte seinen Meiste
begriffen und war entschlossen, ihm zu
folgen. 1831 — er stand damals im
63. Jahre — berichtet eine im Ganzen
nicht unglaubwürdige Quelle den Hergang
dieses gewagten Schrittes in folgender
Weise: „Veith war Director des Thiev
arzenei-Institutes. Er wollte sich
eben ver ehelichen. Eines Tages überraschte ihn
ie Braut, als seine beiden Brüder aus
Böhmen, zwei schlichte Handelsjuden,
ei ihm zu Besuche waren. Als sie nach
»eren Weggange ihre Verwunderung über
'olche Gäste ausdrückte und nun erfuhr,
aß sie künftig deren Schwagerin sein
werde, wollte sie ihm das Versprechen
abfordern, daß er nach der Heirat jede
Verbindung mit seinen Verwandten ab>
breche. Dazu mochte sich ein Charakter,
wie Veith ihn besaß, denn doch nicht
verstehen, und nach reiflichem Ueberlegen
gelangte er zum Entschlüsse, ehelos zu
bleiben, denn bei solcher Gesinnung seiner
Braut gegen die Juden befürchtete er
auch für sich manche krankenden Anspie»
ungen; anderseits wieder liebte er zu
'ehr, um die leer gewordene Stelle in
'einem Herzen durch eine neue Wahl aus»
zusüllen. Um nun seinem Vorsatze desto
sicherer treu zu bleiben, beschloß er, in
den geistlichen Stand zu treten, und da
er als geborener Jude nur Mönch werden
konnte, überdies auch nur in den niedersten
Orden Aufnahme finden durfte, so pil»
gerte er als Eapuciner nach Rom. Dort
wurde Papst Pins VII . auf Veith's
Predigertalent aufmerksam, begünstigte
ihn mehrfach und gestattete ihm auch den
Eintritt in den Redemptoristenorden, in
welchem unser Gelehrter alsbald durch
seine geistliche Thätigkeit so hervorragte,
daß seine Mitbrüder ihn einstimmig zum
Prior wählten". So lautet die oben er-
wähnte Tradition, die nur Eines gegen
sich hat, nämlich: daß Veith nie in
Rom gewesen, alles Uebrige kann ge-
schehen sein. Er selbst, der davon Kennt«
niß haben mußte, da sie gedruckt zu lesen
war, widersprach derselben nicht. Freilich
lag es in seiner Art, sich selbst nie zum
Gegenstande einer Discussion, welcher
Art diese auch sein mochte, zu machen.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Volume 50
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vastag-Villani
- Volume
- 50
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1884
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon