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Veith, Johann Emanuel 91 Veith. Johann Emanuel
des Cardmals gewesener Erzieher, und Dr. I E.
V ei th beigesetzt werden sollten. Dies geschah
in der That. und zwar zunächst mit Gün<
ther, dem im August 1866 Greif und im
November 1876 Veith folgten. Bis dahin
war das Grab nur mit den auf die Gruft-
platte schwarzgeschriebenen Worten „Dr. Anton
Günther" bezeichnet. Nach Veith's Be-
stattung aber wurde von mehreren Freunden
des Verewigten ein Denkmal aus weißem
Marmor stylgerecht hergestellt, welches nun
die Ruhestätte des berühmten Homileten ziert.
IV. Ehrenpacal. für Veith. In den revolutio-
nären Wirren des Jahres 1848 sah sich der
berühmte Homilet durch einen schönen Beweis
liebevoller Anerkennung geehrt. Am 21. Oc«
tober 1848 wurde ihm ein silberner Pocal durch
Dr. Sebastian Brunner, der an der Spitze
einer Deputation dos Wiener Clcrus vor ihm
erschien, mit einer Ansprache überreicht, welche
mit beredten inhaltvollen Worten der Leistun-
gen Veith's in Wort und Schrift gedachte,
sowie dessen, was der jüngere Clems ihm
verdanke, und insbesondere seines muthigen,
segensuollen Wirkens in den Drangsalen der
Gegenwart. Eine größere Anzahl von Priestern
der Wiener Diöcese batte den silbernen Pocal
anfertigen lassen, der auf seinen uier Flächen
die Inschrift trug: ^^rasooni Verbi vivini,
^oauni Nnia.nuo1i Veitli, Hlsä. er 1d,6o1.
DootOli, (^ NN. 83.1151). Oi61'U3 V1«»N.LN8i5
äsäicat 1548^. Darunter waren vier Em«
bleme angebracht: ein Blumenkranz mit einem
Kreuze in der Mitte; ein Kelch mit einer
Hostie, umgeben von Kornähren und Wein»
trauben; sieben mit einem Dornenkranze um»
schlungene Schwerter; und die Leidenswerk«
zeuge, welche auf vier Werke Veith's: den
Homilienkranz, die Eucharistia, die ?»l2.rer
äoioro5a, und die Leidenswerkzeuge Christi
hinweisen sollen.
V. Zur Charakteristik Vcith's des Menschen,
Schriftstellers und Priesters. Ritter von Hof-
finger schreibt über den berühmten Homi»
leten: „Veith, den der auch wegen seiner
Schreibweise selbst berühmte Cardinal Rau-
scher unverhohlen den ersten Stylisten seiner
Zeit nannte, gehört durch seine Schriften
nicht blos zu den ersten Kanzelrednern aller
Zeiten, läßt selbst F^nslon. Bossuet und
Lacordaire weit hinter sich zurück, sondern
er reiht sich geradezu in die deutschen Clas«
siker; dies erkennen auch die Gegner seiner Grundsätze und religiösen Anschauungen an.
Aber es ist nicht blos die classische Form,
welche die allgemeine Bewunderung erregt,
sondern insbesondere auch die ungeheuere
Fülle mannigfachen Wissens, die sich hier
ohne allen Zwang in natürlichster Weise
kundgibt und zur Einheit strebt. Veith war
fast auf allen Gebieten der Wissenschaften zu
Hause und verlor nie den Zusammenhang
derselben aus dem Auge; mit einem riesigen
Gedächtnisse ausgerüstet, konnte er die That«
fachen des Natur« und Geisteslebens zu»
sammenstellen, mit der ganzen seinem Stamme
eigenen Schärfe vergleichen und in Neberein»
stimmung mit der Offenbarung bringen, er
erkannte es als seine Lebensaufgabe, für die
Schöpfungsidee und Wesensoerschiedenheit von
Geist und Natur einzustehen; darum kleidete
er diese Wahrheit in ernster und heiterer Rede
und Schrift in alle erdenklichen Formen, um
sie Jedem mundgerecht zu machen. Kein Satz
war odne tiefen Gedanken und kein Gedanke
ohne die Wärme des nach Wahrheit streben-
den, Idealen zugewendeten Herzens. Durch
diese und durch den einem Jeden, auch dem
Einfachsten des Volkes ecwas gebenden Reich-
thum des Inhaltes zog er die Menge an sich,
wie er die Denker und Forscher durch jene
fesselte. Sein Vortrag war klar und-ruhig,
ergriff aber das Innerste, seine Schreibweise
hielt den Leser fest und zwang ihn. zu denken.
Er blieb niemals stehrn, sondern, wie er jede
neue Erscheinung in seinen Gesichtskreis zog,
schritt er selbst vor zu immer klarerer Er-
kenntniß, zu immer deutlicherem Ausdrucke
der gewonnenen Ueberzeugung. Seine „hei<
ligen Berge", seine „Heilung der Blind«
geborenen", seine „Erweckung des Lazarus",
sein „verlorener Sohn", seine „Säulen der
Kirche", seine „Charitas" und „Misericordia",
sein „Weg. Wahrheit und Leben", seine „Pro»
phetie und Glaube", sowie sein letzter, gerade
der Schöpfungsgeschichte gewidmeter Rede-
cyclus „Anfänge der Menschenwelt" führen
uon Stufe zu Stufe, von den einfachsten
Wahrheiten des Christenthums bis zu den
verwickeltsten Problemen des Lebens, deren
Keimen er unsicher gegenübersteht. Diese
Werke, indem sie alle neuen Errungenschaften
der Forscher hereinziehen, und indirect un»
entbehrliche Beiträge Zur Culturgesch'chte. und
indem alle auf jener Grundwahrheit be«
ruhen, dienen sie zu deren Erweisung; liegt
in ihr die Lösung des Lebensräthsels, so muß
sie ja auch überall durchbrechen, von welcher
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Volume 50
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vastag-Villani
- Volume
- 50
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1884
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon