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Joseph Eduard 173 ^ Joseph Eduard
Gegentheil, der Vater war ganz entgegen
jeder Ausbildung nach dieser Richtung,
indem er glaubte, es werde dadurch die
Handschrift verdorben. Indessen gab der
Sohn die Sache nicht sofort auf und
bildete sich als Autodidakt weiter. Als
der Großmeister eines Tages die Zeich-
nungen seines Novizen sah, ließ er ihn
sofort neben den theologischen Studien
die Prager Akademie besuchen. An der-
selben machte nun Wesselv den Cursus
im Nachzeichnen und im Antikensaal in
drei Jahren durch und ging dann an das
Malen. Zunächst copirte er mehrere
Bilder der Prager Gemäldegalerie. So
wurde er mit dem Inspector derselben,
Joseph Bourdet persönlich bekannt,
während dessen Sohn sein Mitschüler in
der Akademie und sein Freund wurde.
Bourdet besaß eine reiche und aus-
erlesene Kupferstichsammlung und gönnte
Wessel^ gern einen Einblick in diese
manches kostbare Blatt enthaltenden
Portefeuilles. Bei ihm sah derselbe zum
ersten Male .Originalstiche und Holz-
schnitte von Albrecht Dürer. Die wohl-
wollende Theilnahme, mit welcher er von
Bourdet in dieses ihm bis dahin ganz
unbekannte Gebiet eingeweiht wurde, ent>
zündete in ihm den schlummernden
Funken, und er fing selbst an zu —
sammeln. Als nach Bourdet's Tode
1847 dessen Sammlung versteigert wurde,
erstand er die ersten Blätter. Indessen
hatte er die theologischen Studien been»
der, aber uon den Männern jener Tage,
welche die Gotteswissenschaft vortrugen,
verstand es keiner, m einer für alles
Große und Erhabene so empfänglichen
Seele, wie es jene Wessel^'s war,
Liebe und Begeisterung für einen Gegen-
stand zu erwecken, der mehr als irgend
ein anderer derselben bedarf, I n einer
Broschüre, betitelt: „Aus dem Hörsaal", welcke im Jahre 1848 im Druck erschien,
sind diese Handlauger der heiligen
Wissenschaft drastisch und nicht zu ihrem
! Vortheile geschildert. Nachdem er 1830
die Weihen empfangen hatte, fing er erst
selbst an, Theologie zu studiren, dazu
von dem berühmten Homileten I . Ema-
nuel Veit sS. 81 dieses Bandes^, der
ihm bald ein väterlicher Freund wurde,
auf das wärmste angeeifert. Als Priester
fand er nun zunächst un Prager Ordens -
hause in der Seelsorge Anstellung. Dock
der Unterricht in der Pfarrschule und der
anstrengende Dienst im Beichtstuhle
griffen ihn sehr an; dagegen weihte erdein
Predigtamte seine volle Kraft und Liebe.
Bald wurde er in Prag als Fasten-
Prediger sehr beliebt, in den freien StuN'
den aber gewährte ihm die Kunst, in
»deren Schätze er sich immer mehr ver-
tiefte, die beste Erholung. Er malte
mehrere Altarbilder für arme Dorf-
kirchen', dann vermehrte er in sorg»
faltigster Weise seine Kupferstichsamm-
lung, so daß sie schon im Jahre 1836
als die reichste Prags galt und die
Künstler uon fernher kamen, um sich bei
ihm Raths zu erholen. Die köstlichen Ra-
dirungen eines Rembrandt, Ost ade
und Anderer, welche er in seiner Samm<
lung besaß, erweckten in ihm das Ver-
langen, sich selbst mit der Radirnadel zu
versuchen. So entstand denn 1856 sein
erstes Blatt, eine Marienstatue, welchem
bald mehrere andere folgten, deren Ueber-
sicht weiter unten mitgetheilt wird. Gs
waren angenehme Spiele, die Blätter
nicht für den Erwerb bestimmt, sondern
um Freunden als Andenken geschenkt zu
werden. Auch mit der Photographie
machte er damals mancherlei Versuche.
Staatsanwalt Ambros, der berühmte
Musib und Kunstgelehrte, der Nessel)-
kennen lernte und sich zu ihm hingezogen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Volume 50
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vastag-Villani
- Volume
- 50
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1884
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon