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Wesselv, Ioscpl) Eduard j 7ti Messel)^ Joseph Eduard
fühlte, regle nun in ihm die Idee zu
einer Reise nach Italien an. Unser Maler
griff sofort den Gedanken auf nnd erhielt
auch durck die Gunst des Großmeisters
die Erlaubniß zu dieser Reise, welche er
im, September l6.1<l antrat. Er bemerkt
hinsichtlich derselben, daß es die goldene
Zeit seines Lebens war. Neun Monate
blieb er allein in Nom. Dort befugte er
auck theologiscke Vorlesungen, bei den
Jesuiten den Passaglia, in der sir-
Z>'l6!,7^ der Dominicaner den (5arbo.
Und da fand er die alte Unsitte an der
heiligsten Stätte der Kircke, an welker
denn dock die Eintracht herrschen und
durch die Harmonie alle Gemüther einigen
sollte. Aber dem war nicht so, sondern
die Verwirklichung des alten geflügelten
Wortes: „Schlägst du meinen Juden,
schlag' ick deinen Juden" wiederholte
sick auck da, und während sich der be
rühmte Jesuit Passaglia über. den
Dominicaner Thomas Aquinas lustig
machte, schimpften dessen Ordensbrüder
über Suarez, der den Jesuiten als
ein Wunder der Weisheit gilt. We sse
aber sah aus diesen Vorträgen, daß man
die Sache denn doch zu persönlich, zu
menschlich behandle, fand keinen Ge»
schmack daran und — blieb aus. Da-
gegen zeichnete er fleißig in der schönen
Natur, copirte die Meisterwerke der Kunst
in den Sammlungen, darunter Na-
phael's „Grablegung Christi" im Palast
Borghese in der Größe des Originals.
Dieses Bild nabm dann der Großmeister
in seine Privatcaftelle auf. Nack seiner
Rückkehr aus Italien, voll von den Ein>
drücken, welcke dkeseö herrlicbe Land auf
seine Seele gemacht, versenkte sich Nes-
sels, sich gleichsam mit dem ihm auf'
gedrungenen Gesckicke versöhnend, in sein
Inneres; an seinen Herrn und Meister
Emanuel Vei th, der ihm immer als leuchtendes Vorbild vorschwebte, richtete
er sich auf, erkennend, daß es auch ein
heiliges Priesterthum gebe, das, fern sich
haltend von allem pfäffischen Gezänke,
an der Vertiefung der ewigen Wahr-
heiten des Lebens einen unerschöpflichen
Schatz in sick besitze, ein Priesterthum,
das, alles Persönliche meidend, nur in
dem Bestreben, Gott zu suchen und in
einem reinen seelischen Leben voll Güte
und Duldung zu finden, seine höchste
Befriedigung erreiche. So schrieb er in
seinen Mußestunden die Gedanken, »welche
seine Seele erfüllten, nieder und wurde
Schriftsteller, und zwar zunächst theo»
logischer. Die Uebersicht seiner
Schriften folgt auf S. l78. Im Jahre
l86l kam er auf die dem Orden gehörige
Pfarre St. Karl in Wien. Bei seinen
künstlerischen Anlagen und Bestrebungen
war für ihn der Aufenthalt in der Kaiser»
stadt wohl eine große Wohlthat. Die
herrlichen Kupferstichsammlungen der kai-
serlichen Hofbibliothek und der Albertina
erschlossen ihm neue Schätze im Gebiete
der Kunst, läuterten seine Kenntnisse und
schärften seinen Kunstsinn. Jede der spar»
lich bemessenen freien Stunden widmete
er dem Studium dieser Schätze. Durch die
Bekanntschaft mit Johann Wussin ,
dem Cuftos an der Wiener Universitäts-
bibliothek, der gerade an seinem Werke
über Suyderhoef arbeitete und durch
seinen liebenswürdigen Charakter den
Kunstgenossen bald gewann, wurde auch
in Wesselv der Reiz zu ähnlicher
Thätigkeit geweckt, und der theologische
Schriftsteller ward nun zu seinem eigenen
Vortheil, wie zu dem der Kunstwissen-
schaft, Kunstschriftsteller. Wessel / s
erster Versuch dieser Art war eine Be«
sprechung des berühmten bei Käser in
Wien ausgestellten Bildes von Knaus
". Den betreffen-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Volume 50
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vastag-Villani
- Volume
- 50
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1884
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon