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, Johann (Vater) 193 Vesque, Johann (Vater)
kaiserlichen Dienste zu treten, und dem
nack ausdrücklich verlange, wie ein
Fremdling auf dem französischen Boden
behandelt zu werden. Als dann 48
'die Verordnung, welche den emigrirten
österreichisch-belgischen Beamten den Auf<
enthalt in der österreichischen Reichs
Hauptstadt untersagte, aufgehoben ward,
begab sich auch Vesque dahin und trat
in den activen Staatsdienst ein. Wäh
rend der ersten französischen Invasion
zur Führung der Hauptcorrespondenz mit
den französischen Machthabern verwendet,
wurde er bald darauf wirklicher k. k. Hof-
secretär und Kanzleidirector des kaiser-
lichen Oberstkämmereramtes, dann mit
Beibehaltung dieser Stelle niederoster»
reichischer Regierungsrath, k. k. Schatz-
meister und wirklicher Hofcath. Als aber
nach dem Tode des Oberftkämmerers
Grafen Wrbna im Jahre 4824 eine
Reduction im Status des Oberstkäm
mereramtes stattfand, ward er am
5. März zum ersten Custos an der
Hofbibliothek ernannt. I n dieser Stel-
lung blieb er bis zu seinem im Alter von
68 Jahren plötzlich erfolgten Hinscheiden.
I n allen seinen Diensten benahm sich
Vesque mit ebenso viel Umsicht als
Energie und bewies letztere namentlich
in den schweren Zeiten der französischen
Invasion, in welchen die fremden Macht»
Haber zum öfteren eine Rohheit an den
Tag legten, die mit der Phrase von
einer an der Tete der Civilisation
marschirenden Nation im diametralen
Gegensatze stand. Während der sechs»
monatlichen Invasion im Jahre 18i)9,
in deren Verlaufe der Feind mit aller
Härte hauste und die Stadt auch die
Nachwehen der in ihrer Nähe geschla-
genen großen Schlachten empfindlich
tragen ließ, zeichnete sich Vesque beson-
. ders durch seine energische Haltung aus gegenüber den übermüthigen Anmaßun-
gen der feindlichen Befehlshaber, so daß
es im Ernennungsdecret für die Regie-
rungsrathstelle namentlich hervorgehoben
wird, daß er den Gewalthabern „mit
einer Offenheit der Sprache und einer
Bestimmtheit der Ausdrücke entgegen-
trat, welche ihm nicht nur die vollkom-
mene Zufriedenheit seiner Vorgesetzten,
sondern selbst die Achtung der französi-
schen Autoritäten erwarben". I n den
Jahren 4814, 18l3 und 4816 befand
er sich im Gefolge des Kaisers Franz
auf dessen Reisen nach Paris, Venedig
und-Mailand und hatte wahrend der-
selben wie auch zur Zeit des Wiener
Congreffes häufig die Leitung des Oberst-
kämmereramtes ganz selbständig zu führen.
Damals bildete nämlich dasselbe nicht
blos ein gewöhnliches Hofamt, son-
dern es besaß vielmehr die Attribute
eines umfassenden Dicasteriums, welchem
außer den dem Kaiser unmittelbar zu
unterbreitenden vielen Gnadensachen,
dann außer den Ahnenproben der Candi«
daten für die Kämmererswürde, der
Oberaufsicht über die k. k. Patrimonial-,
Avitical- und Familengüterdirection mit
den darauf bezüglichen technischen Ge-
schäftszweigen und den Personalien der
zu dem Stäbe des Oberstkämmerers ge-
hörigen zahlreichen Hofbediensteten, auch
noch die Leitung der beiden Hoftheater,
sowie die Oberaufsicht über die kaiserliche
Schatzkammer, die vereinigten Natura-
liencabinete (nämlich das zoologische,
brasilianische und Mineraliencabknet),
über das physikalische, astronomische,
dann das Münz» und Antikencabinet,
die Gemäldegalerie im Belvedere, die
Ambraser Sammlung und die kaiserlichen
Hofschlöffer zugewiesen waren. Vesque
verwendete die Muße, welche ihm sein
ausgedehnter amtlicher Beruf übrig lies',
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Volume 50
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vastag-Villani
- Volume
- 50
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1884
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon