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Vierihülcr, Franz Michael 278 Vierthaler, Franz Michael
in seinem Hörfaale ein. Vom Jahre
j7!W an beschränkte er sich blos auf den
Unterrickt der Candidaten des Schul-
amtes. In der Zwisä>enzeit, 1?l)6,
wurde ibm anch provisorisck die Stelle
des Hofdibliothekars übertragen und zu-
gleich der Auftrag ertheilt, die Hand«
bibliothek des Fürsterzbisckofs zu ordnen.
Als aber Erzherzog Kurfürst Ferdi-
nand von Toscana die Negierung an-
trat. erhielt Viert Haler mit Decret
vom 2l. November l803 definitiv die
Stelle deö wirrliä^en Hofbibliothekars.
Unter der neuen Regierung übernahm
im December !803 der dirigirende
Staatäminister Friedrich Marquis Man-
fredini die Oberaufsicht über alle Schul»
und Erziehungsanstalten, unter Einem
wurde nun auch V i e r t h a l e r als
Schulendirector die Leitung und Aufsicht
sämmtlicher Bürger- und Landschulen im
ganzen Herzogthum Salzburg übergeben.
Jetzt schlang er sich ein neues Blatt in
den Kranz seiner um das Schulwesen
bereits erworbenen Verdienste, indem er
die Reform der bereits zur Bedeutungs»
losigkeit gesunkenen Waisenhauser durch-
führte. Er sorgte ebenso für die körper»
liche Entwickelung der Waisenkinder, die
bis dahin völlig vernachlässigt wurde,
als für deren geistige Ausbildung, und
die Folgen seiner Reformen traten als-
bald so sichtlich zu Tage, daß die Bürger
der Stadt und des Landes Salzburg
das Mißtrauen, mit welchem sie bis
dahin gegen die Waisenhauser in Folge
des beklagenswerten Zustandes der-
selben erfüllt waren, vollständig be-
zwangen. Kinder, welche von den Bür-
gern bisher aus dem Waisenhause miß-
trauisck aufgenommen wurden, fanden
nun leicht eine Zufluchtsstätte in deren
Werkstätten, ja ohne Widerstreben auch
Aufnahme in Haus und Familie. Die Klosterscbulen wurden unterstützt, neue
Feiertagsschulen entstanden, und der
Schulbesuch überhaupt hob sich zusehends.
Viert Haler's Einfluß auf das Scbul-
und Erziehungswesen im Herzogthum
Salzburg machte sich sehr bald in wohl-
thätigster Weise fühlbar. Als aber dann
im Jahre 1803 die feindliche Invasion
erfolgte, dawar es wieder Vierthaler's
umsichtiges und besonnenes Auftreten,
welches einerseits dem Feinde imponirte,
anderseits vieles Ungemach von der Stadt
fernhielt und Manches rettete, was sonst
für dieselbe unwiederbringlich verloren
gewesen wäre. Als 18W Salzburg an
Oesterreich siel und die Theilung der fürst-
erzbischöflichen Hofbibliothek von Wien
aus angeordnet wurde, betraute man ihn
mit der Ausführung dieses Auftrages. Ein
Theil der Bibliothek kam nach Wien, der
andere, und zwar der größere, verblieb in
Salzburg und wurde der Universitäts«
bibliothek einverleibt. Den für Wien be-
stimmten Theil hatte Viert Haler als
bisheriger Hofbibliothekar selbst dahin zu
überbringen, und am 26. November l8W
trat er seine Reise an. I n Wien wurde
ihm 1807 die Direction des dortigen
Waisenhauses übertragen. Unter seiner
fürsorgenden Leitung gedieh nun dieses
Institut in der vortrefflichsten Weise
und erreichte eine bis dahin nicht ge'
kannte Vollkommenheit. I n Anerken-
nung der Verdienste des edlen Menschen-
freundes verlieh der Kaiser demselben den
Charakter eines k. k. Regierungsrathes.
Zwanzig Jahre wirkte Vierthaler in der
letztgenannten Stellung, arbeitete wäh-
rend dieser Zeit an seiner philosophischen
Geschichte der Menschen und Völker fort,
verbesserte seinen Entwurf pädagogischer
Vorlesungen und prüfte noch die Bel-
Lancaster'scbe Methode durch ange-
stellte Versuche. In Folge eines Schlag-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Volume 50
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vastag-Villani
- Volume
- 50
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1884
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon