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Vörösmartn 1
noch in dem nÀmlichen Jahre, wÀhrend
er mit seinem Freunde, dem Bildhauer
Stephan Ferenczy j M . IV, S. 183^,
Niederungarn bereiste. Die nun folgen»
den Jahre des Dichters gingen in litera»
rischem und poetischem Schaffen auf. Es
war fĂŒr beides durch den groĂartigen
Umschwung im politischen und national»
ökonomischen Leben Ungarns ein unge»
mein gĂŒnstiger Zeitpunkt. Die oben er»
wÀhnte erste Gesammtausgabe der bis
1832 erschienenen Werke V ö r ö s-
m a r t y's enthÀlt seine Iugendversuche,
die bis dahin abgesondert erschienenen
Dramen und Alles, was er bis Ende
4832 schrieb. Man kann also sagen,
etwa die â jedoch schwĂ€chere â HĂ€lfte
dessen, was er wÀhrend seines Lebens
geschaffen, die aber doch nichts desto
weniger herrliche Proben einer nicht ge-
wöhnlichen Dichterkraft enthÀlt. Um
diese Zeit trat er besonders als drama-
tischer Dichter und als Kritiker auf.
Hatte er schon frĂŒher, und zwar seit
l82t, augefangen, Dramen zu schreiben,
so wendete er sich jetzt vollends diesem
Gebiete der Dichtung zu und blieb ihm
treu bis zum Jahre l844. So dichtete er
in der genannten Zeit nebst dem bereits
erwĂ€hnten âKönig Salamon" die dra>
malischen Werke: âDer Triumph der
Treue", âKont", spater unter dem ver-
Ă€nderten Titel âDie Heimatlosen" er«
schienen, âDieCillier und dieHunyaden",
welches den ersten Theil einer Trilogie
bilden sollte, sÀmmtlich Arbeiten von
unleugbarem, zum Theile hochpoetischem
Werthe, bei welchem aber die Glanz-
seiten des Epikers und Lyrikers dem dra»
matischen Dichter zum Nachtheile ge-
reichten. Auch beschÀftigte er sich damals
viel mit dem Studium der Werke Shake-
speare's, deren hohen Werth erken-
nend, er nicht anstand auszusprechen:! 1 Vörösmarty
daà eine gute Uebersetzung Shake»
! speare's mindestens so viel werth sei, wie
die HĂ€lfte selbst der reichsten Literatur.
So ĂŒbertrug er denn zunĂ€chst den âJu-
lius CĂ€sar". Auch nahm ihn die Theater-
^ kritik stark in Anspruch, und er ist der
Erste, der die höchsten Fragen des Dra-
mas, wenn auch nicht erschöpfend, so
doch eingehend behandelt, und besonders
j in diesen Kritiken lenkt er die Aufmerk-
^ samkeit der Schriftsteller und des Publi«
^ cums auf den groĂen englischen Dramen-
z dichter. MerkwĂŒrdigerweise waren seine
! Theaterkritiken inoirect von nicht gerin-
! gem EinfluĂ auf das gesellschaftliche und
! dann auch auf das politische Leben in
Pesth. Er trat mit den Schauspielern
' und den dramatischen Schriftstellern in
! ein nĂ€heres VerhĂ€ltniĂ; man kam nach
> den Vorstellungen in einem Gasthause
zum Abendessen zusammen, und der
Kreis, der sich so bildete, wuchs allmÀlig
dermaĂen an, daĂ er den ganzen ersten
Stock dieses Gasthauses (âzur Schnecke"
auf dem Sebastianiplatze) miethen muĂte
und sich daselbst zuerst als Nationalclub
(X6rn26ti kör), dann als Oppositions»
club (NIi6n2öl5i kör) constituirte, der im
gesellschaftlichen und politischen Leben
der Hauptstadt immer eine bedeutende
Rolle spielte. Vörösmarty war bald
der Mittelpunkt und zugleich der erste
PrÀsident dieses Clubs, spÀter mehrmals
VizeprĂ€sident und jederzeit das einfluĂ-
reichste Mitglied. Bei alledem war Bö-
rösmarty kein eigentlicher Politiker, er
trat nie als politischer Redner auf, aber
er beschÀftigte sich doch mit den auf der
Tagesordnung stehenden Fragen, und die
ersten politischen NotabilitÀten waren
seine Freunde, seine guten Bekannten.
Auch schwang er sich nie zum politischen
Schriftsteller auf, jedoch ging ei mit
seiner Lyra jenem groĂen nationalen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der UniversitÀts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon