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Vogl, Johann Michael 27 173 Vogl, Johann Michael 27
klare Stimme und richtige Intonation
erregte der fünfjährige Knabe die Auf»
merksamkeit des Chorregenten an der
Pfarrkirche in Steyr, und in Folge dessen
erhielt er gründlichen Musikunterricht
und zwei Jahre später die Stelle eines
besoldeten Sopransängers. Dabei wurde
seine übrige Ausbildung um so wenige'
vernachlässigt, als er immer große Luft
zum Lernen zeigte. So hinlänglich vor»
bereitet, kam er ins Stift Kremsmünster,
dessen Bildungsanftalten schon zu jener
Zeit einen trefflichen Ruf besaßen, und
daselbst beendete er mit gutem Fortgange
die Gymnasialclassen und philosophischen
Studien. Im Stifte bot sich ihm auch
die Gelegenheit dar. sein — übrigens
von der Natur nichts weniger als be-
günstigtes — Darstellertalent zu erpro-
ben, indem er an den kleinen geistlichen
Schau- und Singspielen, welche daselbst
aufgeführt wurden, mitwirkte. Er als
Sänger und der junge Süßmayer
M . XI., S. 290^ als Componist bil-
deten bald eine große Anziehungskraft
für die Bewohner der Umgegend, welche
zu den kirchlichen Aufführungen im
Stifte in Massen herbeieilten. Innige
Freundschaft verband auch die beiden
jungen Künstler, welche nun beschlossen,
gemeinschaftlich nach Wien zu ziehen.
Dort begann Vogl die juridischen Stu«
dien und trat nach deren Beendigung
beim Magistrat in die amtliche Praxis.
Aber bald nahm seine Laufbahn eine
andere, seinen künftigen Lebenslauf ent»
scheidende Wendung. Auf Antrieb seines
Freundes nämlich, der indessen Capell»
meister geworden war, erhielt der junge
Beamte einen Ruf an die Hofoper,
welchem er auch ohne Zaudern folgte.
Am 1. Mai 1794 wurde Vogl dem
Künstlerkreise der deutschen Oper einver-
leibt. InAlringer's„DieguteMutter", mit der Musik von Vranitzky, trat er
zum ersten Male auf; und nun widmete
er dieser Bühne durch mehr als 28 Jahre
seine besten Kräfte. Es war die goldene
Zeit der deutschen Sangkunst, die Zeit,
in welcher man noch die herrlichen Partien
eines Haydn und Mozart sang und
nicht die endlosen Wagner'schen Leit»
motive abbrüllte. Die damalige Wiener
deutsche Oper verfügte über seltene
Kräfte, von denen genannt seien: B a u>
mann, Fort i , Gottdank, Seba«
stian Mayer, Saal, Weinmüller,
Wild und die Frauen Anna Buch«
wieser, Anna Milder, Wilhelmine
Schröder, Karoline Unger. Sehr viel
zu Vogl's künstlerischer Ausbildung im
Gesänge, in welcher er es zu einer Be»
deutung brachte, daß man noch nach
Jahrzehnten in ihm den eigentlichen und
ersten deutschen Gesangsmeister
erkennen wollte, trug der Umstand bei,
daß er gleich im Beginn seiner Laufbahn
auch für kleinere Partien der italieni»
scben Oper verwendet wurde, wobei er
mit Crescentini, einem berühmten
Castraten, in ein freundliches Verhältniß
gerieth und nun Gelegenheit fand, von
dieses Sängers trefflicher, den italienischen
Gesangskünstlern überhaupt eigener Me«
thode Manches in sich aufzunehmen. Er
studirte den Italiener mit großer Auf«
merksamkeit, versuchte es, gleich ihm,
deutlich zu articuliren, mit der Stimme
hauszuhalten, die geeigneten Momente
zum versteckten Athemholen aufzufinden
und zu benutzen und jede Geschmacklosig»
keit in den Coloraturen, worin oft be»
rühmte Sänger in übelverftandener Bra-
vour wetteifern, zu vermeiden. So eig«
nete er sich denn durch fleißiges Studium
und treue Beobachtung die Vorzüge der
italienischen Gesangsmethode an, ver-
mied aber auch sorgfältig die Fehler, an
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon