Page - 177 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Villata-Vrbna, Volume 51
Image of the Page - 177 -
Text of the Page - 177 -
Pogi, Johann Michael 27 77 Vogt, Johann Michael 27
fort. Nun war es freilich eine wunder«
liche Erscheinung, wenn man den ge-
feierten Theatersänger im Coftum des
Agamemnon, des Orest, oder sonst eines welche weitere Verbreitung verdienen.
Kunst, Geschichte, Moral, Natur, Men-
fchen, Alles zieht Vogt in den Kreis
seiner Betrachtung und spricht dann seine
heidnischen Heros in der Garderobe, Ansicht aus. „Wir sollen nur im An-
sitzen und mit Aufmerksamkeit in einem schauen, nicht im Besitze glücklich
griechischen Buche blättern sah! Wer
aber die Langeweile des Lebens hinter
den Coulissen kennt, wessen Ohr die
schalen Neden, die allabendlich dort zu
hören sind, jemals vernahm, der wird es
begreiflich finden, daß sich ein geistreicher
Mann von seiner lästigen Umgebung auf
jede Weise zu befreien suchte und lieber sein. So lehrt uns Natur und Welt". —
„Ertragen ist schwerer als Thun". —
„Wünsche sind
Schwäche". — Bekenntnisse unserer
,Wo man wahrhaft
geachtet werden will, muß man sich nie
zum Zeitvertreib brauchen lassen". —
„Die größte Weisheit ist, die Anderen
zufriedenzustellen". — „Wer über sich
für einen Sonderling gelten, als sich dem i nicht Meister werden kann, für den ist
völlig Geistlosen, ja Rohen und Absurden ! jeder Herr der Rechte". Diese und ahii"
preisgeben mochte. Daß es dabei nicht > liche Reflexionen finden sich in Menge
an Scherzreden über den gelehrten Mimen , in seinen Tagebüchern, so daß sich eine
fehlte, laßt sich denken; aber sie wurden
meist hinter seinem Rücken geführt, denn
das bessere Wissen, wie überhaupt die
ganze Wesenheit des Mannes, flößte
Jedermann genügsamen Respect ein.
Nebrigens wußte Vog l die Lehren der
Stoa mit dem Gefühl für das Schöne
sehr wohl zu vereinigen; auch war er für
Kunstwerke aller Art empfanglich, die
aus einem ihm sonst minder befreundeten
Princip hervorgingen. So zählte er
Goethe zu seinen Lieblingsautoren, der
auch auf die Denk« und Anschauungs»
weise, wie auf den Styl Vogl's ent»
schieden einwirkte. Er führte sein ganzes
Leben hindurch Tagebücher, welche neben
seinen freilich ganz schlichten Erlebnissen,
neben Auszügen aus seinen Lieblings«
autoren, auch zahlreiche eigene Reste»
rionen enthalten, die einen scharfen
Denker, einen geistvollen Beobachter be-
kunden, wie solche nicht allzu häufig
vorkommen. Sein Biograph hat aus Auswahl und Sammlung derselben ver«
lohnte. Hält man die Bildung, die sich
in diesen Betrachtungen und Selbst»
bekenntnifsen kund gibt, mit V 0 g l's
Wirksamkeit auf der Bühne zusammen,
so begreift man leichter, wie edles Stre«
ben und Wissen in einer Kunst zum
höchsten Ziele leiten konnte, deren Jünger
gewöhnlich in der rohesten Empirie umher
zu tappen pflegen. Die Erfahrungen,
die sich ihm als Opernsänger und später
als ' Gesanglehrer darboten, sammelte
Vogl im reiferen Alter zu einem Werke,
welches aber leider unvollendet blieb.
Es ist nämlich eine „Singschule", welche
er verfaßte, und welche einen solchen
Schatz geistreicher und praktisch anwend-
barer Bemerkungen enthält, da sich
eine von geschickter Redaction unter»
nommene Beendung des Werkes und
dessen Veröffentlichung verlohnt hätte.
So war denn Vogl als Mensch ein
Charakter, wie er nicht häusig vor»
diesen Tagebüchern etwas über ein! kommt, als darstellender Künstler aber
halbes Hundert solcher Aussprüche, An» geradezu ein weißer Rabe. Daß er als
sichten und Reflexionen mitgetheilt, Schubert-Sänger
u. Wurzbach. biogr.Lerikon. I.I. lGedr. j?. Tec. t884.) seines Gleichen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon