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Vogl, Johann Nepomuk 29 181 Vogl, Johann Nepomuk 29
Kein Gegenstand, der nur einigermaßen
bemerkbar in seinen Gesichtskreis trat,
blieb von ihm unbeachtet, und rasch fand
er ihm eine poetische Seite ab, daher
besitzen wir von ihm Klostersagen l„Kar»
thäusernelken"), Domsagen, Soldaten«
lieder, Bergknappenlieder s„Aus der
Teufe"), Kinderlieder, Iägerlieder, Schen»
ken- und Kellersagen u. s. w. u. s. w ;
es ist eine nahezu erschreckende Frucht-
barkeit, die sich da vor unseren Augen
entwickelt, freilich nicht selten auf Kosten
der Form. Aber bei dem regen Verkehre,
welchen Vogl mit Wiener Tonsetzern
unterhielt — denn Adolph Müller,
Emil T i t l , A. M. Storch, Jacob
Denk, Ferdinand Kloß, Franz Ser.
Hölz l und Andere gehörten ja zu den
ständigen Mitgliedern seiner Tafelrunde
— wurden viele seiner Lieder, die oft nur
den Vorzug der Sangbarkeit besaßen,
sofort in Musik gesetzt, und so gelangte
sein Name aus der Kneipe in den Salon,
in die Kreise der Gesangvereine und
Liedertafeln und wurde allüberall ge-
nannt und bekannt, wie kaum ein
zweiter. Eine andere Vorliebe Vogl's
war seine Wahl grauenhafter, schauer»
l'icher Stoffe. Mußte ihm ja in dieser
Beziehung selbst Sauter, der denn
doch nichts weniger als eine prüde Natur
war, zurufen: „Zu oft erscheint vor
deinem Tribunal j des Inquisiten Pein,
der grause Henker, s Es bleiben doch dem
Dichter und dem Denker j der edlern
Stoffe beßre Art und Wahl". Wenn aber
Vogl's Fruchtbarkeit nachzulassen be«
gann, so griff er nach fremden Stoffen,
übersetzte aus allen Sprachen, auch aus
solchen, die er nicht kannte, indem er sich
den Wortlaut des Originals übertragen
ließ und dann es nach seinem Recepte
in deutsche Verse brachte, in Folge dessen
diese Gedichte als Uebersetzungen werth» los und wenn sie im Ganzen gelungen,
nur als Nachbildungen vielleicht be
merkenswerth sind. Bei der Popularität
seines Namens geschah es denn aucb, daß
ihm die Redaction von Journalen, Al-
manachen, ja selbst die Herausgabe der
Werke Ferdinand R a i m u n d's über-
tragen wurde, welche er jedoch ohne alles
Verständniß für eine solche Aufgabe, in
wenig pietätvoller Weise besorgte. Nach
dem Tode Nicolcius Oester lein 'ö
(1. Jänner 1839) ging die Redaction
des „Oesterreichischen Morgenblattes"
zuerst an Dützele von Cöckelberghe
und nach diesem an L. A. Frank! über.
Als Letzterer, da er die „Sonntags-
blätter" begründete, die Redaction jener
Zeitschrift im Juli 4841 niederlegte,
übernahm Vogl dieselbe am 1. August
1841 und behielt sie bis zum Jahre
1848, in welchem er das weitere Er-
scheinen des Blattes einstellte; ferner
besorgte er durch einige Jahre die Her«
ausgäbe der Almanache „Frauenlob"
und „Thalia"', gründete 1843 den „öster-
reichischen Volkskalender". welchen er über
zwei Decennien bis zu seinem Tode
fortführte, weniger glücklich mit einem
zweiten ahnlichen Unternehmen, dem
„Soldatenkalender", der nur sechs Jahr»
gange erreichte. So hatte denn Vogl in
Oesterreich die höchste Volksthümlichkeit
erreicht, und auch nach außen war sein
Name im Publicum, welches Poeten
liest und um Verse sich kümmert, gut
bekannt, wird doch erzählt, daß unter
den Wenigen, welche Ludwig Uhland,
als seine germanischen Forschungen ihn
nach Wien führten, mit seinem Besuche
bedachte, Johann Nepomuk Vogl
gewesen. So waren die Jahre unter
Sang und Klang dahin gegangen, nach
einer neuen, einer besseren Zeit, wie fast
alle alteren und jüngeren Poeten Oester«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon