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Vogler, Georg Joseph 212 Vogler, Georg Joseph
er erst das Studium der Philosophie und
des kanonischen Rechtes — denn er war
ftr den geistlichen Stand bestimmt —
vollenden mußte. Im Seminar zu Mann»
heim, wo er den theologischen Studien
oblag, bildete er sich auch in der Musik
aus und schrieb um diese Zeit, 177l, ein
Ballet, durch welches er die Gunst des
Kurfürsten von der Pfalz, des kunst-
sinnigen Kar l Theodor, gewann, der
ihm nun die weiteren Pfade ebnete.
Denn um den Contrapunkt zu studiren
und den Kirchengesang in seiner wahren
Vollendung und Würde kennen zu lernen,
wurde er von seinem fürstlichen Gönner
nach Italien geschickt. Zunächst ging er
nach Bologna, wo der berühmte Pater
Mar t i n i , ein Meister des Contrapunkts
und in musikhistorischen und theoretischen
Streitfragen zu jener Zeit eine nicht blos
in Italien, sondern auch auswärts aner»
kannte Autorität, den jungen Priester
in sein System einführen sollte. Aber
Vogler war bereits viel zu sehr selbst»
ständiger Denker, um sich ein System,
mit dem er nicht übereinstimmte, auf»
dringen zu lassen. Nach sechs Wochen
schon trennten sich Schüler und Meister,
und Ersterer pilgerte nach Padua, wo,
wie Mar t in i in Bologna, Pater Va»
lot t i einen Kreis strebsamer Jünger um
sich sammelte, um dieselben in die Ge-
heimnifse seiner Kunst, in welcher er
namentlich als Kirchencompositeur Großes
leistete, einzuführen. I n Padua soll
Vogler auch in den Orden der Jesuiten
eingetreten sein, nach Anderen hätte er
diesen Schritt bereits während seiner
Studien in Mannheim gethan, und wieder
nach Anderen wäre er nie Jesuit ge-
wesen. Unter Valott i 's Leiwng wid>
mete er sich nun ein halbes Jahr der
Compositionskunst, nebenbei mit seinen
Berufsstudien sich beschäftigend. Von Padua begab er sich nach Rom, wo er
nach Beendigung der letzteren die Priester-
weihe erlangte und unter Mysliveczek
Md. XVI I I , S. 362^ seine Musikstudien
fortsetzte. Durch sein höfisches Wesen,
durch seine unbestreitbar nicht gewöhn»
lichen Geiftesgaben, insbesondere aber
durch sein musicalisches Talent gewann
er bald viele Freunde, deren großem
Einfluß er mannigfache Ehren verdankte.
So wurde er von der Gesellschaft der
Arcadier zu ihrem Mitgliede erwählt und
vom heiligen Vater zum Ritter vom gol-
denen Sporn, zum Protonotar und
päpstlichen Kämmerer ernannt, AlleK
Würden, die an und für sich von gerin»
gem Belange, doch später dem jungen
Abbe überallhin den Zutritt theils er<
möglichten, theils erleichterten, da er es
verstand, die ihm gewordenen Auszeich»
nungen in blendendster Weise zur Gel'
tung zu bringen. 1777, im Alter von
28 Jahren, kehrte er nach Mannheim
zurück und wurde daselbst Hofcaplan'
dann aber, nachdem er eine Munkschule
errichtet hatte, nach übereinstimmenden
Aussagen aller Quellen, welche über ihn
berichten, durch Benützung der Einflüsse
von Jesuiten und Maitreffen, neben
Holzbauer zweiter Kapellmeister der
Hofcapelle. I n dieser Stellung über-
siedelte er mit dem Hofe nach München.
Schon in diesen ersten Jahren seines
Wirkens traten, nach der Mittheilung
eines seiner Biographen, der es sich be»
sonders angelegen sein laßt, zwischen dem
Lebenslaufe Franz Liszt's und jenem
Vogler's einen auffallenden Paralle»
lismus nachzuweisen, die vornehmsten
Züge seines Wesens unverkennbar hervor.
Begabt bei angenehmem Aeußeren mit
einer Sprache von unwiderstehlichem
Klänge, welche auf die Favoritin des
Kurfürsten, Frau von Coudenhoue,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon