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Vogler, Georg Joseph 213 r) Georg Joseph
einen unauslöschlichen Eindruck gemacht,
war er als Zögling der Jesuiten — wie
jener Biograph schreibt — geschult, bei
jeder Gelegenheit die Seite seines Geistes
hervorzuwenden, von welcher er sich die
meiste Wirkung versprach, und erschien,
-durch die im Orden strenge Disciplinirung
vollkommen Herr über sich geworden, in
seinen Aussprüchen stets gewichtig, in
seinem Auftreten imposant und zugleich
leutselig; oft in seinen Gewohnheiten
mit Absicht bizarr, um, ohne Slaunen zu
erregen, jede Lebensform annehmen zu
können. Nehmen wir hierzu, daß er es
sehr gut verstand, bei sonstiger ent-
schieden großer Zehrgabe die Dunkel»
heiten seines Ausdruckes für mystische
Tiefe auszugeben und Denen gegenüber,
die ihn hörten, den Schein zu wahren,
als könne er ihnen immer nur erst einen
geringen Theil des ihm Geoffenbarten
mittheilen, wer mochte da sich wundern,
wenn auf seinen. vielen Reisen das
Publicum sich sehr bald in zwei einander
schroff entgegenstehende Parteien theilte,
von denen die eine, die der alten Schule,
ihn verketzerte und bekämpfte, während
di2 andere, die jungen Gemüther, die er
"icht nur im höchsten Grade zu fesseln,
sondern auch zu beherrschen verstand, ihn
als einen Propheten ansah, mit dem
eine neue Aera für die Tonkunst an»
breche. I n München schrieb er 1780 die
Musik zu dem Drama „Albert I I I . " ,
welche aber nicht gefiel. Aus unbekannten
Gründen, vielleicht weil ihn die jesuiti»
schen Umtriebe, denen er sein erstes
Emporkommen zu verdanken haben soll,
nichts weniger als angenehm anmutheten,
legte er seine Stelle als Hofcaplan und
zweiter Capellmeister nieder und trat
178t seine erste Reise an, und von dieser
Zeit datirt sein europäischer Ruf. Aber
von seinen Reisen brachte er auch aus ! feinen Forschungen über die Musik der
alten Griechen und über Nationalmelo-
dien der verschiedenen Völker einige kost»
bare Ergebnisse mit, die er später infort»
gesetzten Studien und vervollständigten
Sammlungen zu verwerthen trachtete.
Die erste Reise, bei deren Antritt er be<
reits in allen Beziehungen, in denen er
sich geltend zu machen wünschte, bis zu,
einem hohen Grade von Vollendung
ausgebildet und sein Ruf in musicalischen
Kreisen nach verschiedenen Richtungen ein
bedeutender, ja glänzender zu nennen
war, führte ihn nach Paris, wo 1783
seine komische Oper „I,a> Iverrnssse"
aufgeführt wurde, aber durchfiel. Nun
besuchte er Holland, Schweden, Däne-
mark, England, Italien, Spanien, ja
selbst Griechenland und Nordafcika, und
diese Reisen waren alle mehr oder weniger
musicalische Triumphzüge. Seine meister-
haften Orgelconcerte mußten seinen Vor-,
tragen über sein Musiksystem die Bahn
brechen; zwar nahmen seine Gegner bei
diesem Orgelspiel an seiner angekündigten
Musikmalerei Anstoß/ indem er, ihrer,
Ansicht nach, nicht blos in dem Streben -
nach dem Charakteristischen zu weit ging,
sondern den Anschein eines musicalischen
Marktschreiers gewann, wenn er auf der
Orgel ein Gewitter, oder gar eine See«
schlacht, ja den Einsturz der Mauern von
Jericho, sowie das Reisstampfen der
Africaner ankündigte; jedoch seine An»
Hanger und die große Menge war hin-
gerissen, und Vogler blieb der Gegen-
stand des ehrfurchtsvollsten Staunens
und der lautesten Bewunderung. So
wurde er, wie einer seiner Biographen
schreibt, ein etwas charlatanmäßig UM'
herreisender Apostel seiner Evangelien,,
überall meteorartig unerwartet auftau»
chend, aber auch schnell verschwindend,
von der Geistlichkeit überall gestützt, da<.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon