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Volkmann, Robert 261 Volkmann, Robert
der Erfindung dürfte wohl dasjenige sein,
was einer allgemeineren Verbreitung seiner
Compositionen am meisten im Wege steht".
— Bernhard Vogel widmet in seiner Mono»
graphie: „Robert Volkmann in seiner Bedeu-
tung als Instrumental« und Vocalcomponist"
. unserem Künstler eine eingehende, bis auf die
einzelnen Compositionen sich erstreckende kri-
tische Beleuchtung. Er bezeichnet ihn als einen
Komponisten, der an jedes Werk mit gewissen»
haftem Ernste ging und sich niemals in leicht«
fertiger Productivität verlor, der stets nach
Veredlung strebte, und dem es auch beschieden
war, Werke von echter Reife zu schaffen. Zur
Universalität seines Geistes hat ihm nur eine
größere musikalisch-dramatische Manifestation
gefehlt". Er scheidet dann Volkmann's
Werke in Clavie rcom Posit ionen zu
zwei und vier Händen, in Streichquar-
t e t t e , S e r e n a d e n für S t re i ch -
orchester, in Orchesterwerke und
endlich in V oca lco mv o si t ion en. Volk-
m a n n's (5 la o i erw e r ke erscheinen ihm
vielfach als Nachklänge S ch u m a n n's;
es sei dieselbe bald phantastische, bald trau«
merische Stimmung; dabei stellt er die vier-
händigen Claviercompositionen besonders hoch,
findet das „musicalische Bilderbuch" (Op. 11)
ersindungsfrisch, die „Ungarischen Skizzen"
<0x. 24) charakteristisch, die „Tageszeiten"
<()v. 39) stimmungsreich und die „3 Märsche"
<0i>. 40) energisch, und fügt dann hinzu:
„kurz sein und dabei bedeutungsvoll, hinter
dieses Geheimniß ist Volkmann vorzüglich
gekommen". Die zwölf musicalischen Dich»
tungen „Vissegrad" (Op. 21) stellt er
neben Schumann's „Kreisleriana" und
findet in beiden wahre, tiefe Poesie, echte
Romantik, doch legt Vogel auf Volk-
inann'6 O rch e st er w er k e den größten
Werth. Die Nichard'Ouuerture (0i>. 68) be-
zeichnet er als ein hochbedeutendes Werk,
fern von den Traditionen der Opernouver-
turen, eine ganz selbständige Schöpfung,
welche in ähnlichem Sinne wie die Ouver-
türen zu „Egmont" und „Coriolan" den
Ideengang der Dichtung ausschöpft und die
fre!e Perspectioe in die kommende Handlung
eröffnet. Dabei ist dte Charakteristik des könig«
lichen Tyrannen und die Schilderung der
kriegerischen Zeit trefflich durchgeführt. Diese
Ouvertüre, vom Concerlsaal in das Schau-
spielhaus verlegt, müßte als würdige Ein-
leitung zu dem furchtbaren Drama eine
großartige Wirkung auf das Publicum üben. In vier Sätzen der D-mo?/ - Symphonie
(0i>.44) erkennt Vogel eine feste und sicher
gestaltende Meisterhand. Dieses Werk, welches
1863 erschien, war es. das Volkmann's
Namen zu größerer Geltung brachte. Die
thematische Gestaltung, durch welche dem schein-
bar unbedeutenden Materiale die frischeste
Lebenskraft eingehaucht wird, ist bewunderns»
werth. Die Klarheit der ganzen Duichfüh'.-una,
die Lieblichkeit des Andante, die rhythmische
Schönheit des Scherzo, verbunden mit der
vorzüglichen contrapunktischen Durchführung
des ganzen Werkes sichern demselben für
immer eine entschiedene Wirkung. — Volk-
mann's Trio in F-mo// (0p. 5) und
Violoncellconcert (0i>. 33) bezeichnet Vogel
als ebenso originelle wie tüchtige Arbeiten,
er erkennt des Componisten eigentliche Stärke
in der Instrumentation, und als Instrumen-
talist hat derselbe auch im ganz richtigen
Bewußtsein seiner eigentlichen Stärke dem
Orchester den größten Theil seiner Thätigkeit
gewidmet. Weniger bedeutend erscheinen ge-
nanntem Kritiker die V o ca lc o mp osi«
t ionen Volkmann's und am wenigsten
dessen Messen für Männerchor. Dagegen
sind die Kompositionen unseres Tonsetzers zu
Ulrich von Liechtenstein, zum Mönche von
Tegernsee und zu Johannes F'schart, von
dem er ein Tisch- und Neiselied componirte,
kernhafte, den Vereinen nicht genug zu empfeh-
lende Werke. Uebrigens haben Volkmann's
Vocalcompositionen einen durchwegs eigen«
artigen, von der Schablone abweichenden
Charakter. Im Ganzen räumt V o g e l
unserem Componisten unter den absoluten
Musikern der Gegenwart eine bevorzugte
Stellung ein, und läßt er ihn an „Kraft und
Ursprünglichkeit" sogar Johannes Brahms
überragen. Gegen dieses Urtheil wird von
anderer Seite Einsprache erhoben, aber
immerhin dabei bemerkt, eä sei unbestreitbar,
daß sich an solchen Erscheinungen, wie sie
Brahms und Volkmann darbieten, der
Sinn des Strebenden uno des Beobach«
tenden erwärmen müsse, weil sie das sichere
Zeichen bilden, daß das Ideale nicht unter»
geht.
(Quellen )«r Biographie. Vogel (B.). Robert
Volkmann in seiner Bedeutung als Instru»
mental» und Vocalcomponist (Leipzig 1873,
O. Wigand. 8°.). — Al lg em eine Musi-
calische Zeitung. 1868. Nr. 39—41:
„R. Volkmann". Von L. Ehlert. - All»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon