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Wähn«, Friedrich 63 Mahner. Friedrich
genuß ließen ihn nicht gedeihen. Bald ver>
lor er seine Schüler, und nun wurde er
Journalist und debutirte in dem durch die
Iohn'schen Stiche und die Dichtungen
Gril lparzer's, Zedlitz's, Zach. Wer-
ner's u. A. berühmt gewordenen Taschen-
buche „Aglaja",Jahrgang l8l9, mit dem
Aufsatze „Cornelia, die Mutter der Grac»
chen". Im nämlichen Jahre noch gründete
er die Zeitschrift „Ianus", welche bei
Schaumburg in Wien (4^.) erschien,
und so lange man nöthig hat, auf die
Welt zu kommen, schreibt Gräffer, so
lange brauchte der „Ianus", um zu
Grabe zu gehen. Gegen die Aeußerung
dieses Schriftstellers, daß der „Ianus"
der Schauplatz der brutalsten Klopf-
fechterei und ein feiles Organ der Ani-
mosität Anderer gewesen sei, erhebt sich
Fürst ganz energisch und will im
„Ianus" nur ein gegen alles Schlechte,
Niedrige und Gemeine gerichtetes littera-
risches Blatt finden, in welchem die
Kritik mit Geist und Schärfe gehand-
habt wurde. Dem aber ist nicht ganz so,
Ton und Haltung waren — wenn auch,
wie Fürst behauptet, außer ihm Wäh»
ner alle Artikel selbst schrieb — doch
derart, daß das Blatt nicht über drei-
viertel Jahre sein Dasein fristen konnte.
Es ist aber immerhin ein Merkzeichen für
die literarischen Zustände in der. Kaiser-
stadt im ersten Viertel unseres Jahr»
Hunderts. Da Wähn er nach Eingang
seines .Blattes in Wien nicht länger
bleiben konnte, verließ er es und kam
erst wieder auf Ansuchen Schickh's, der
ihn für seine „Wiener Zeitschrift" ver-
wenden wollte. Aber auch da war seines
Bleibens nicht lange. Eine Recension
über Madame Stich, welche in der
Nolle der Jul ie in Shakespeare's
„Julie und Romeo" auftrat, gab zwi-
schen dem Redacteur und dem Referenten Anlaß zu Differenzen, welche erst mit
dem Austritte des Letzteren.behoben
wurden. Welchen Styl aber Wähner
schrieb, davon nur die einzeilige Probe.
Tr berichtete über Madame St ich :
„Sie öffnete den Mund, und eine
ionische Säulenhalle blinkte uns
entgegen". (Gr wollte sagen: Madame
Stich zeigte uns hübsche Zähne.) Dies
Pröbchen dürfte genügen. In der Folge
arbeitete er an dem von Lembert her-
ausgegebenen „Telegraphen" mit. I n
demselben tritt er schon manierlicher auf,
und seine Artikel gehören zu dem Besten,
was das Blatt brachte. Von anderen
Arbeiten Wähner's sind uns noch be»
kannt: einige in den „Jahrbüchern der
Literatur" erschienene Artikel, welche sich
ebenso durch Gediegenheit wie Scharfe
auszeichnen; im. ersten Jahrgang der
Zeitschrift „Hermes" lieferte er über
Horrnayr's Supplement zu Mil lot 's
„Weltgeschichte" ^7. bis 19. Bd.) eine
Besprechung, in welcher er nichts weniger
denn glimpflich, aber nicht mit Unrecht
mit dem berühmten Historiker verfährt.
I n der Halle'schen „Literatur'Zeitung"
griff er Gril lparzer's „Ahnfran" in
einer Recension an, welche von G rä ffe r
geradezu „brutal" genannt wird. Auch,
lieferte er zum zweiten Bande des von
Ign. I e i t t e l e s herausgegebenen
„Aesthetischen Lexikons" als Anhang
eine ausführliche Abhandlung, betitelt:
„Zur Literatur der deutschen Aesthetik",
eine zwar mit Umsicht und Scharfblick
geschriebene Kritik der in, Deutschland er»
schienenen Aesthetiken, welche aber immer-
hin Manches zu wünscheil übrig läßt und
eben zeigt, daß der Verfasser sein Thema
doch nicht ganz beherrscht. Eine selbst-
ständig erschienene Arbeit Wähner's ist
uns nicht bekannt. Aus Allem, was über
ihn vorliegt, ist zu entnehmen, daß er in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon