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82 Wagilemicz
Caplanei zu Niestanice im Zloczower
Kreise. Da erschien das Jahr 1843 und
berief auch ihn auf den Kampfplatz. So-
fort begründete er in Lemberg die Zeit'
schrift „vnknnik ruski", welche indeß
nicht lange ihr Dasein fristete. Man er-
nannte ihn nun zum Schulrathe. Aber
wegen Verschiedenheit der Meinungen
zur Verantwortung gezogen, gerieth er in
neue Ungnade, mußte sein Vergehen in
zwangsweisen Bußübungen sühnen und
durfte nicht wieder auf seine Caplanei
zurückkehren. Seine Lage wurde immer
schlimmer. Man fand an ihm Vergehen,
die keine waren, belegte ihn mit Strafen
für etwas, was gar nicht strafwürdig
war. Aus diesem ihm gegen seinen
Willen auferlegten Dilemma sah er nur
Rettung im Neligionswechsel, und so
wurde er evangelisch. Zugleich aber
stand er auch brodlos da. Als Gatte und
Vater befand er sich in traurigster Lage.
Wohl unterstützten ihn seine Freunde,
doch reichte dies nicht auf die Dauer.
Endlich kam Hilfe, als Georg Fürst
Lubomirski M . XVI, S. 406^,
damals Curator des Ossoliiiski'schen!
Instituts in Lemberg, ihn zum Custoä
an der O ss o l i n s k i'schen Biblio>
thek ernannte. Doch war dieser Glücks»
fall von kurzer Dauer. Der Fürst wurde
nach kaum dreiviertel Jahren seiner
Curatorstelle enthoben und unter dessen
Nachfolger Moriz Grafen Dzieduzycki
M . I I I , S. 403) unser Wagilewicz
entlassen, weil derselbe evangelisch war,
obgleich die Nellgion beim Bibliotheks»
dienste doch gar nicht in Frage kommt.
Als öffentlichen Vorwand nahm man
aber seine Ernennung zum amtlichen
Dolmetsch der ruthenischen Sprache, als
welcher er jedoch schlecht genug besoldet
war. Indessen führte er in Gemeinschaft
mit dem von Erblindung bedrohten Szajnocha Md. XI.I, S. 128^ außer
der Aufsuchung von Belegstellen die Re>
daction und Textcorrectur der neuen
Ausgabe des berühmten Wörterbuches
der polnischen Sprache von L inde
^Vd. XV, S. 498 j^ durch und besorgte
dann auch die Nachträge zu diesem
Werke. Inzwischen wurde die Dolmetsch-
ftelle aufgelassen und Wagilewicz da>
für zum Corrector, später zum Erpeditor
der amtlichen „Lemberger Zeitung" (6g.-
26tg. in-onZka.) bestellt. Aber diese mono-
tone, geisttödtende mechanische Beschäfti-
gung war nichts weniger als nach seinem
Geschmacke, und da er sich überdies als
dazu nicht geeignet erwies, mußte er 1869
abdanken. Nun trat er als Corrector bei
der politischen Zeitung „(^tos^ d. i. Die
Stimme, ein, welche Siegmund Kacz-
kowski redigirte. Aber auch hier war
seines Bleibens nicht lange, da sich dieses
Journal in Folge der über dasselbe ver-
hängten Preßprocesse auf die Dauer nicht
halten konnte. Nun stand Wagilewicz
wieder der Brodlosigkeit und dem Mangel
gegenüber. Endlich zu Beginn des Mai
186l wurde er Translator der rutheni-
schen Sprache im Landesausschuß. 1863
übernahm er nach Dionys Zubrzicki
die Archivarstelle. Wir wollen den litera-
rischen Verdiensten des Letzteren nicht
nahe treten, aber verschweigen können
wir nicht, daß das demselben anver-
traute, an den wichtigsten Documenten
überreiche Archiv hinsichtlich seiner Ord-
nung nicht am besten bestellt war. Wa»
gilewicz fand also genug vor, aber er
stand nach vierzehnjährigem Kampfe ums
Dasein endlich vor einer Arbeit, die
einerseits den Mann nährte, andererseits
seinem Geiste zusagte. So machte er sich
mit allem Eifer an die archivalische Ord-
nung, welche durch jahrelange Vernach»
lassigung außer Rand und Band ge«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon