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Wagner, Joseph 24 102 Magner, Joseph 24
l8l8. gest. daselbst am 3. Juni 1870).
Sein Valer war anfänglich Billeteur und
(5opist im Theater an der Wien, erhielt
aber nack der Gründung der Nordbahn
eine Bedienstung bei derselben. Joseph
und sein Bruder Karl besuchten die
Normalschule und traten zugleich in die
vierte Classe über, aber während Letzterer
die entsprechenden Fortschritte machte,
fand bei Ersterem das Gegentheil statt,
und niclns sprach dafür, daß er ein be-
deutender tragischer Künstler werden und
der Liebling der Frauen sein würde.
Joseph war in jenen Jahren nichts
weniger als sauber und ließ die eigen-
artige Männerschönheit, die ihn später
schmückte, auch nicht ahnen, er war viel-
mehr haßlich, und krankhafte Stoffe, die
nach außen drängten, entstellten sein Ge-
sicht und seinen ganzen Kopf. Die Ab-
sicht des Vaters, diesen Sohn zum Theo-
logen heranzubilden, scheiterte, indem
Joseph und sein Bruder sich für die
künstlerische Laufbahn, wenngleich auf
etwas auseinanderlegendem Gebiete, ent-
schieden. Unser Künstler nämlich wandte
dem tragischen Spiele sich zu, während
Karl Volkssanger wurde s^iehe in den
Quellen L. t08: V. Joseph Wagner's
Familie^. Im Alter von l(5 Jahren be-,
gann Joseph seine Schauspielerlauf-
bahn an der kleinen Bühne in Meidling
nächst Wien, von welcher sich schon man-
ches Talent zu den ersten Theatern j
emporgearbeitet hat. Nach wenigen Mo-
naten kam er, ^833, an das Theater in
der Iosephstadt, welches damals zugleich
mit jenem in Baden unter Oi>. Ignaz
Scheiner's Direction stand, und debu-
tirte in Hagemann's „Leichtsinn und
gutes Herz" mit solchem Erfolge, daß
Holt ei, welcher gerade an der nämlichen
Bühne gastirte, den talentvollen Jüng-
ling weiter empfahl, so daß derselbe j839 am deutschen Theater in Pesth En-
gagement fand. Wilhelm Mar'r, der
ihn daselbst zum ersten Male spielen
sah, erkannte sofort, daß sich hier mit un-
gewöhnlicher, ja geradezu blendender
äußerer Erscheinung auch eine bedeutende
Gestaltungsgabe vereinte, und schickte
den jungen Mimen, nachdem dieser fünf
Jahre auf der Pesther Bühne gewirkt
hatte, an das Leipziger Stadttheater.
Dasselbe leitete ein in der deutschen
Theatergeschichte bedeutender Mann,
Dr. Schmidt, dem Hermann Uhde
ein schönes literarisches Denkmal gesetzt
hat. Auf dieser Bühne errang nun
Wagner als Heldenspieler so vollstän-
l dige und vielfältige Erfolge, daß er sich
bald zum Lieblinge des Leipziger Publi»
cums emporschwang. Von hier, wo er.
mit der ersten Liebhaberin, Bertha Un-
zelmann Md. XLIX, S. l10^ seiner
nachherigen Gattin, wirkte und im künst-
lerischen Zufammenjpiel mit ihr einen
Höhepunkt in der dramatischen Kunst er-
reichte, der die Zuseher zu frenetischem
Beifalls hinriß, ging zuerst sein Ruf iu
der Theatecwelt aus. Die Hofbühnen von
Wien und Berlin machten ihm Gastspiel»
antrage, und 1847 folgte er einem
solchen nach Wien, zugleich mit Bertha
Unzelmann, welche wohl in Folge der
Unzulänglichkeit ihrer physischen Mittel,
trotz ihres feinen, sinnigen, durchdachten
Spiels, weniger gefiel, während er das
Publicum geradezu enthusiasmirte. Er
kehrte an das Leipziger Theater zurück,
und dort sah ihn bald darauf auch der
Director der Berliner Hofbühne Herr
von Küstner. Lange schwankte dieser,
ihn für seine Bühne zu gewinnen, da
ihm Manches in Sprache und Tonfall
der Stimme nicht zusagen wollte, aber
endlich entschloß er sich
zum Engagement.
Nun, so groß auch die Wirkung war,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon