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Wagner, Joseph 24 104 Magner, Joseph 24
sein, die schwerste hab' ich jetzt,
gespielt", sollten sich in gan; eigen» i
thümlicher Weise bewahrheiten. Das
Sterben war ihm immer als das
Schwerste im Leben erschienen. „Gestor-
ben sein ist reizend, aber das Sterben
sollte nicht sein" pflegte er zu sagen, und
dieses Schwerste ist ihm, wie nur den
Wenigsien, so leicht geworden. Uebrigens
kam dieser frühe Tod Wagner's nichts
weniger denn unerwartet, man konnte
es ahnen, daß ein etwas ernsteres
Unwohlsein einen schlimmen Ausgang
nehmen werde. Seit Jahren schon hatte
er, taub gegen alle Warnungen, in der
unverantwortlichsten Weise wider seinen
eisenfesten Organismus losgearbeitet.
Die Maßlosigkeit im Genusse schwarzen
Kaffees, schwerer Cigarren, Mangel an
Bewegung u. s. w. mußten endlich eine
Riesennatur knicken. Joseph Wagner
war zweimal verheiratet. Das erste Mal,
wie bereits erwähnt, mit Bertha Un-
zelmann, welche er am 16. October
^849 ehelichte. I n glücklichster Ehe ver-
lebte er zehn Jahre mit dieser hoch-
begabten, aber seit ihrer frühesten Jugend
den Keim des Todes in sich tragenden
Künstlerin. Zwei ^ahre nach dem Tode
derselben vermalte sich Wagner mit
der gegen das Ende der Vierziger-
Jahre als Opernsängerin unter dem
Namen Gilbert bekannten Marianne
Herzfeld, einer Schwester des Gene-
ralconsuls Stephan H o r; feld und des
Wiener Hof- und Gericktsadvocaten
I>i-. Eugen Herzfeld. Aus erster Ehe
hatte Wagner ein Töchterlein Marie,
das liebenswürdige Ebenbild ihrer Mut»
ter, welches, wenn der Verfasser dieses
Lerlkons nicht irrt, sich dem Lebensberufe
der Eltern gewidmet hat; aus zweiter
Ehe entsprossen zwei Söhne Ju l ius !
und Karl. ! I. Nwguer's Nallenrepertoire. Für Wagner's
Künstlerruhm war sein früber Tod — im
Älter von 32 Jahren — eigentlich ein Glück.
Denn der Ueberqang in ein anderes —
älteres — Rollenfach wollte bei ihm nicht
recht von Statten gehen, und unser Schau«
spieler würd? it'n auch mit dein Erfolge,
den er im Fache jugendlicher Helden und
Liebhaber errungen, nie erreicht haben. Laube
beklagte schwer die Schwierigkeiten, die sich
ihm beim Rollentausche Wagner's darboten.
Dagegen im Fache jugendlicher Helden
stand derselbe einzig da; der Ruhm Maxi-
milian K o r n's konnte den seinen nicht
schmälern, und von den Nachfolgern hat ihn
bis heute trotz aller Reclame keiner erreicht,
denn in seiner eigenartigen äußeren Erschei-
nung, in seiner körperlichen Schönheit stand
Wagner eben einzig da. Das Repertoire
seiner Rollen war darum ein beschränktes,
aber gleichwodl noch immer ein reiches. Er
spielte folgende Rollen: Hamlet, Nr ie l
Acosta. Ferdinand in „(Habale und
Liebe". Mar Piccolomini , E g m o n t,
Baron von Wal lenfeld in I f f land's
„Der Spieler", Georg Winegg in Frei-
tag's „Valentine", Romeo. Pe r c n, (> a s-
sio, König Johann, Tempelherr in
3 essin g's „Nachan der Weift". Tel lheim,
Franz und Weisungen in „Göj; von
Berlickingen". Beauma r chais in <Ä o etb e's
„l^lau go", Graf Dunois in „Die Jung-
frau von Orleans". Kar l Moor, Don
Carlos. Den Manuel. Ia romi r in
„Die Ahnsrau", I as on in „Medea", Ingo-
mar in „Der Sohn der Wlldniß". Otdello.
M acbeth, F r i e d r i ch u o n H o m b u r g in
Kleist's gleichnamigem Stücke. Schiller in
Laub e's „DieKarlsscküler", Lord R o ch e ster
in „Die Waise von Lowood". Werner in
Gutzkow's „Her; und Well", H ippolnt in
Brachvogel's „Narciß", Posa, Doctor
Robin. Wi lhelm Tel l . König Lear.
Wallen stein, Tuman in Weilen's
„Drahomira", Esser, Don Gutiere in
Calderon's „Der Arzt seiner Eyre", Lean»
der in Gri l lpar^er 's „Des Meeres und
der Liebe Wellen", Brutus in „Brutus und
Eollatinus". In den uorbenannten Rollen
habe ich Wagner spielen sehen, und in allen,
mir Ausnabme dcr älteren, wie 3 ea r,
Wallenstein, Tel l , die von A.ideren
wirkliä) besser dargestellt wurden, war er
trefflich, er hat d!ese herrlichen Gebilde der
classischen Dichter aller Zeiten in einer Art
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon