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Mahlmann Mahlmann
den 1843 an der Bühne zu Klagenfurt
in Engagement. Eleonore lernte also
frühzeitig das Theater kennen, auf
welchem sie auch als kleines Mädchen
Kinderrollen spielte. Jedoch sorgten die
Eltern für eine gute Erziehung, welche
ihr zu Wien in einem trefflichen Mädchen»
Erziehungsinftitute zutheil wurde. Dann
kehrte sie zu ihren Eltern zurück und er-
hielt bald darauf das erste Engagement
— ^3 Jahre alt — am Königgratzer
Theater, auf welchem sie als Stuben-
mädchen in Bauer nfeld's „Bekennt-
nisse" debutirte. Von Königgrätz folgte
sie einem Rufe an die Linzer Bühne,
welche unter Kreibig's Direction stand,
und deren beliebtestes Mitglied sie bald
wurde. Da faßte sie den Verhängnis
vollen Entschluß, sich zu vermalen. Ge-
blendet von der äußeren Erscheinung
eines Mannes — es war der Gymna-
stiker Meergartö — achtete sie weder
der Bitten und Wünsche ihrer Eltern,
noch der Warnungen des Directors,
noch auch der sie fesselnden contractlichen
Verbindungen. Eine schöne Zukunft in
die Schanze schlagend — war ihr doch
bereits ein Probespiel am Wiener Hof-
burgtheater angeboten worden — folgte
sie dem Manne ihrer Wahl. An der
Seite dieses fahrenden Circuskünstlers,
der heute da, morgen dort seine Künste
zeigte, begann für die kaum siebzehn»
jährige Frau jenes Wanderleben, welches
bald alle Illusionen schwinden machte,
mit welchen sie umgaukelt worden, ehe
sie die verhängnißvolle Ehe schloß. Aber
— wenn auch von der Ausübung aus»
schlössen, fühlte sie sich bald abgestoßen
von diesem Treiben. Nach dreijährigem
Wanderleben kam sie mit ihrem Gatten
nach Amsterdam. Daselbst wurde sie zu»
fällig mit dem Director der deutschen
Bühne bekannt, und als plötzlich die erste Liebhaberin erkrankte, wandte sich
dieser an die junge Frau mit den Worten:
„Helfen Sie mir aus". Und da hielt sie
es auch nicht länger aus, von den Brei-
rern fern zu bleiben, und betrat nach
langen drei Jahren dieselben wieder zum
ersten Male. Nun aber war auch der
Bann gebrochen, sie stellte dem Ein»
spruche ihres Gatten entschiedenen Wider«
stand entgegen, und unter dem Einflüsse
Devrient's, der gerade in Amsterdam
gastirte, kehrte sie bleibend zur Bühne
zurück. Von Amsterdam ging sie nach
Gratz, wo Kreibig zu jener Zeit die
Bühne leitete. Derselbe hatte ihr m
Linz, als sie, auf alle seine Vorstellungen
nicht hören wollend, ihn verließ, zuge-
rufen: „Sie kehren dennoch wieder!"
Und in der That, sie war wiedergekehrt.
Sie spielte nun auf der Gratzer Bühne
Heldinen, und mit jeder neuen Rolle
errang sie neue Erfolge. Als sie in einer
solcben Vorstellung der alte Marr sah,
erkannte er bald das schöne Talent, das
ihm aber hier nicht am rechten Platze zu
sein schien. „Sie spielen zu viel hier, um
noch mehr lernen zu können; ich will für
Sie sorgen". Bald darauf erhielt sie einen
Ruf von Hamburg zu einem Gastspiele
daselbst und während desselben einen
Engagementsantrag von der Stuttgarter
Hofbühne, welchem die Künstlerin auch
folgte. Und seitdem ist sie Mitglied dieser
Bühne für das Fach der tragischen Hel-
dinen. Ihre Verbindung mit dem ersten
Gatten hatte der Tod gelöst; in Stutt-
gart ehelichte sie den Schauspieler Will«
führ und führt nun den Doppelnamen
Wahlmann-Wil l führ. Schon in
Gratz war sie von dem Rollenfache der
ersten Liebhaberinen zu dem der Tra»
gödin übergegangen, und ihr Repertoire
umfaßt alle Rollen, welche zwischen der
Grillparzer'schen „Medea" und der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon