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>) Ernst Waidele, Ernst
menau. Poigt, 8") IX. Jahrgang
I. Theil. S. 8. Nr. 4.
Waidele Ritter von Mllingen, Ernst
(Präsident des Prager Landesgerichtes
und Reichstagsabgeordneter, geb.
zu Olmütz 1806, gest. in Prag am
21. Juni 1870). Ein Sohn des Arztes
und Professors Dominik Waidele,
dessen Lebensskizze vorangegangen ist,
trat er nach Abschluß der rechtswissen-
schaftlichen Studien, zum Docior promo-
virt, 1829 beim Criminalgerichte zu
Brunn in die Gerichtspraris ein, kam
dann als Conceptspracticant zur Hof«
kammerprocuratllr in Wien und 1832
als Aushilfsreferent an die galizische
Kammerprocuratur in Lemberg, wo er
1836 zum Fiscaladjuncten und 1844
zum Landrathe befördert ward. 1847
zum Appellationsrathe ernannt, ging er
1848 in gleicher Eigenschaft nach Wien,
wo er 1830 Generalprocurator-Stellver»
treter, vier Jahre später Oberlandes-
gerichtsrath wurde. Vor letzterer Ernen-
nung war er besonders als Mitglied der
k. k. Organisirungscommission thätig.
1834 zum Landesgerichtspräsidenten civil-
rechtlicher Abtheilung in Prag ernannt,
segnete er nach sechzehnjährigem Wirken
in dieser Stellung das Zeitliche. I n den
Rahmen dieser amtlichen Stellung fällt
auch seine außeramtliche, als Mitglied
des böhmischen Landtages und des Ab-
geordnetenhauses des österreichischen
Reichsrathes. Als richterlicher Beamter
besitzt Waid ele um die Civiljustizpflege
Oesterreichs hervorragende Verdienste.
Auf seine Anregung wurde das Prager
Landesgerichtsgebäude durch einen An»
bau entsprechend erweitert. Auch war er
in seinem Fache literarisch thätig, jedoch
nur spärlich, denn sein Doppelberuf als
Staatsbeamter und Abgeordneter nahm
seine Zeit zu sehr in Anspruch. Als letzterer stand er treu und unentwegt zu seiner
Partei. Zuerst war er im Jahre 1861
auf Vorschlag des deutschen Wahlcomitöä
im Landwahlbezirke Buchau zum Land»
tagsabgeordneten in Böhmen und im
Landtage zum Mitgliede des Abgeord-
netenhauses gewählt worden. 1866 legte
er sein Mandat nieder, wurde aber
später von der Gruppe des sideicommis»
sarischen Großgrundbesitzes wieder in
den Landtag und darauf in den Reichs«
rath gewählt. Seine Wirksamkeit in
ersterer Körperschaft war eine ebenso
reiche als fruchtbare, wir erinnern nur
an seine treffliche Ausführung der Land»
tafelordnung, wie an sein entschiedenes
freisinniges Eintreten in der Jagd-
gesetzdebatte. I n den Verhandlungen
über die Landtafelordnung, sowie über
die Contributionsschüttböden trat er, ,
ausgerüstet mit umfassenden juridischen
und archivarischen Specialstudien, in
scharfer und geistvoll schlagender Weise
dem damaligen Statthalter Grafen
Pelcredi, der zu den Feudalen hielt,
entgegen. Ohne Rücksicht auf Gunst
und Ungunst, als Landtagsvertreter ein
eifriger und warm fühlender Volksmann
und ein echter Constitutioneller, stellte er
sich den Feudalen im Landtage rücksichts»
los gegenüber und trat, als die Sistt»
rung der Verfassung geplant wurde,
obwohl Beamter, in die entschiedenste
Opposition. Ein redlicher, unerschütter-
licher, durch Geist und Wissen hervor-
ragender Genosse der deutschen Partei,
führte er als schlagfertiger Redner in den
parlamentarischen Verhandlungen für
die Sache der Verfassung in erfolg-
reicher Weise das Wort. Wohl streuten
seine politischen Gegner, namentlich in
den öechischen Kreisen, Verdächtigungen
aller Art über ihn aus. Selbst die poli-
tische Caricatur wurde zu Hilfe ge-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon